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Und was machen wir beim nächsten Crash?

Von Christian Ortner

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Christian Ortner.

Regierungen und Notenbanken haben kaum noch funktionierende Feuerlöscher, wenn die Weltwirtschaft erneut brennt.


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Amerikas Superreiche gefallen sich neuerdings in Pessimismus. Carl Icahn etwa, milliardenschwerer Investor und Apple-Großaktionär, warnte jüngst in einem TV-Interview vor der gewaltigen Blase, die die US-Notenbank Fed durch "exzessives Drucken von Geld" verursacht habe; sein Milliardärskollege Steve Schwarzman, Gründer des Finanzkonzerns Blackstone, sieht im "Wall Street Journal" schon "die nächste Finanzkrise" nahen, genauso wie Crispin Odey, der zu den einflussreichsten Hedgefonds-Managern der Welt zählt und ebenfalls vor dem nächsten Knall warnt. Kaum eine Woche in diesem Sommer, in der nicht ein Finanzoligarch den nächsten ökonomischen Super-GAU herannahen sieht.

Sollten die Herren mit den prall gefüllten Geldspeichern recht behalten, stellt sich leider eine kleine Frage: Welche Instrumente stehen den Staaten und Notenbanken eigentlich zur Verfügung, um die Folgen eines Crashs wie jenen von 2007/2008 einzudämmen und erneut den Ausbruch einer Großen Depression zu vermeiden? Damals verschuldeten sich bekanntlich die meisten Staaten enorm, gleichzeitig druckten die großen Notenbanken enorme Geldmengen.

Eine eher beunruhigende Antwort auf diese Frage gibt die hochseriöse Bank für internationalen Zahlungsverkehr (BIS) in ihrem neuen Jahresbericht. Die Welt, analysiert die als "Notenbank der Notenbanken" bekannte Institution, stünde in einer neuerlichen Krise weitgehend ohne finanzielle Instrumente der Krisenbewältigung da. Vor allem der Umstand, dass die Notenbanken die Zinsen so lange wie noch nie so niedrig wie noch nie gehalten haben, bereitet der BIS Kopfschmerzen. Denn diese traditionelle Methode der Krisenbewältigung stehe nun nicht mehr zur Verfügung, weshalb die BIS, ganz ähnlich wie die US-Milliardäre, die Gefahr eines "größeren Krachs" sieht.

Das ist insofern beunruhigend, als ja auch die Fähigkeit der Staaten, mit gewaltigen neuen Schulden die Lage zu stabilisieren, gehörig gelitten hat. In den ersten fünf Jahren nach dem Crash von 2007 stiegen die Schulden in der Eurozone von 66 Prozent der Wirtschaftsleistung auf 93 Prozent; ein ungemütlich hoher Wert. Dass die nächste Krise einfach noch einmal mit einem solchen Schuldenberg bekämpft werden könnte, ist eher nicht anzunehmen - dann drohte nämlich der ganzen Eurozone ein griechisches Schicksal.

Zwar weiß niemand genau zu sagen, wo die Obergrenze für Staatsschulden liegt, deren Überschreiten Insolvenzgefahr bedeutet; aber klar ist, dass übermäßige Schulden das Wachstum bremsen und schließlich ganz zum Erliegen bringt. Ob diese Grenze bei 90 Prozent der Wirtschaftsleistung liegt, wie einige Studien nahelegen, oder doch darüber, weiß man in der Praxis leider erst, wenn es zu spät ist.

Notenbanken, die nicht mehr mit Zinssenkungen gegen einen Crash ankämpfen können, und Finanzminister, die nicht mehr ausreichend neue Schulden aufnehmen können, um dessen Folgen zu dämpfen - das sind keine wirklich beruhigenden Aussichten für den Fall, dass Amerikas Männer mit dem Gespür für Cash tatsächlich recht behalten sollten und sich das Licht am Ende des Tunnels der Weltfinanzkrise als Scheinwerfer des nächsten herandonnernden Zuges entpuppt.