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Und wieder allein am Himmel

Von Walter Hämmerle

Politik

Internationale Kooperationen sind auch nach dem Aus für die Eurofighter wieder nur Nebensache.


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Wien. Österreich, so heißt es im Neutralitätsgesetz von 1955 wortwörtlich, "wird zur Sicherung (der immerwährenden Neutralität; Anm.) in aller Zukunft keinen militärischen Bündnissen beitreten und die Errichtung militärischer Stützpunkte fremder Staaten auf seinem Gebiete nicht zulassen." Das ist der blinde Fleck der geradezu epischen innenpolitischen Debatte um das Für und Wider der Eurofighter.

Nach allgemeiner Lesart der Politik und allermeisten Verfassungsexperten verlangt die Neutralität, dass wir unseren Luftraum in eigener Verantwortung überwachen, sichern und schützen. Und dazu bedarf es einer gewissen Mindestanzahl an Abfangjägern, die dazu auch in der Lage sind. Als am 2. Juli 2002 die Entscheidung statt auf die billigeren Saab-Gripen auf den teureren, aber technisch avancierten Eurofighter fiel, spielte ein Argument der damals schwarz-blauen Regierung eine tragende Rolle: Die politische Perspektive einer Europa-Armee; andere sahen darin einen ersten Schritt hin zu einem Beitritt des westlichen Verteidigungsbündnisses der Nato.

Heute, ist Generalmajor Johann Pucher, der ehemalige Leiter des Büros für Sicherheitspolitik im Verteidigungsministerium, überzeugt, ist Österreich wieder in der gleichen Situation angekommen, wie sie vor 15 Jahren bestand: "Wir steigen aus, aber wissen nicht, wohin die Reise gehen soll."

Bei der Luftraumüberwachung geht es in erster Linie um die "Nacheile", also die grenzüberschreitende Verfolgung von Flugzeugen, die in den eigenen Luftraum eingedrungen sind. Diese Aufgabe hat, für sich genommen, nichts mit der Neutralität zu tun, wie Pucher betont. Schließlich greift diese rein rechtlich nur im Konfliktfall.

Der ehemals hochrangige Beamte in Uniform kritisiert, dass aufgrund dieser zu engen Perspektive die Kooperationsmöglichkeiten aus dem Blickfeld geraten. Statt europaweit die Zusammenarbeit im militärischen Bereich zu verstärken, setze Österreich jetzt wieder auf ein Soloprojekt: "Warum erledigen wir diese Aufgabe nicht gemeinsam mit anderen Staaten? Weil wir neutral sind. Also müssen wir sie wieder allein erledigen." Womit der gleiche fatale Kreislauf von Aufgabenbeschreibung, Typenauswahl und Ausrüstung von Neuem beginnt. Eben genau so, wie Ende der 1990er Jahre, als die Debatten über einen Nachfolger der damaligen Saab-Gripen begannen.

Pucher plädiert dafür, bei Beschaffungen auf die zu erwartenden Bedrohungsszenarien abzuzielen. Laut offizieller Doktrin droht Land und Bürgern Gefahr durch Terrorismus, die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, regionale Konflikte in der Nachbarschaft und Naturkatastrophen. Welche Geräte und welche Ausrüstung das Bundesheer zur Abwehr und Bewältigung dieser Gefährdungen benötige, sei die entscheidende Frage.

Tatsächlich lassen etliche kleinere Länder wie Slowenien und das Baltikum ihren Luftraum von Nato-Partnern überwachen. Theoretisch wäre das zwar auch für Österreich möglich, aber eben nur für den Fall eines Nato-Beitritts. Für einen Solchen gibt es jedochweit und breit keine Mehrheit. Bei einer europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sind die Ansichten schizophren: Einerseits deuten Umfragen eine Zustimmung der Bürger an, andererseits will eine noch eindeutigere Mehrheit an der Neutralität festhalten. Wobei eines auch klar ist: Österreich muss, so oder so, tief in die Geldbörse greifen. Die Zeiten, in denen sich Österreich sicherheitspolitisch auf der Billigschiene durchs Leben schwindeln konnte, werden nicht zurückkehren.