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Und wieder gewinnen die Toten

Von Ines Scholz

Politik

Jenin/Nablus/Jerusalem - 10 Palästinenser sind gestern von der israelischen Armee bei deren Einmarsch in die palästinensischen Flüchtlingslager Balata bei Nablus und Jenin - beide im besetzten Westjordanland - getötet und über 100 verletzt worden. In Balata starb auch ein junger israelischer Soldat. Saudi-Arabiens Friedensoffert sorgt indes in Israel für eine kontroversielle Debatte.


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In Balata südöstlich von Nablus drangen im Morgengrauen israelische Soldaten ein, nachdem das Flüchtlingslager zuvor von Raketen beschossen worden war. Bei anschließenden Gefechten wurden drei Palästinenser getötet, zwei von ihnen waren israelischen Angaben zu Folge Mitglieder des bewaffneten Arms der Fatah-Organisation, einer davon soll auf einer Terroristenliste gestanden haben. Auch ein 20-jähriger Israeli verlor sein Leben. Die Bevölkerung wurde aufgerufen, das Lager zu räumen. In Palästinenser-Kreisen wurde deshalb befürchtet, dass das Flüchtlingscamp komplett zerstört werden sollte. In Jenin starben bei der Nacht-und-Nebel-Aktion sieben Palästinenser - sechs Sonderpolizisten und ein 65-jähriger Mann. Die beiden Lager hätten Terroristen als Basis gedient, die für den Tod Dutzender Israelis verantwortlich seien, wurde als Begründung für den Einmarsch angegeben. Marwan Barguti, Fatah-Führer in der Westbank, sprach von einem "Massaker" und drohte mit palästinensischen Vergeltungsaktionen innerhalb der besetzten Gebieten. Kritik hagelte es auch vom israelischen Oppositionsführer Yossi Sarid (Meeretz), der das Vorgehen der Armee als "völligen Irrsinn" bezeichnete.

Außenminister Shimon Peres hat die Friedensinitiative des saudischen Thronfolgers Abdullah gestern neuerlich als Chance bezeichnet, die Israel nützen sollte. Auch die EU, die USA und der UNO-Sicherheitsrat unterstützen den Plan. Der Likud-Abgeodnete Yuval Steinitz sieht in ihm hingegen einen Aufruf zum Selbstmord: Saudiarabien biete zwar Normalisierung an - aber gegen die Selbstzerstörung Israels.

Quelle: Haaretz