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"Undurchsichtiges System abschaffen"

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Die Mieten sind in den vergangenen drei Jahren dramatisch gestiegen, das merkt jeder, der sich auf Wohnungssuche begeben muss. Ein Zins von 10 Euro pro Quadratmeter ist in Wien keine Seltenheit, sondern eher die Regel. Die Richtwerte werden ab 1. April wieder um gut 1% steigen. Die Arbeiterkammer fordert eine Abschaffung des undurchsichtigen Richtwertesystems und eine klare, für alle leistbare Mietenobergrenze.


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Das Richtwertsystem wurde 1994 eingeführt, im Gegenzug wurden die Kategorie-Mieten abgeschafft. Es gilt für Altbauwohnungen, die vor 1945 errichtet wurden. Seither gibt es aber für Mieter eine unsichere Rechtslage. Denn der Richtwert, der vom Justizminister nahezu jedes Jahr neu festgesetzt wird, ist keineswegs mit der Nettomiete ident. Vielmehr kann jeder Hauseigentümer noch weitere Zuschläge verlangen. Wie sich der Nettozins zusammensetzt, muss dem Mieter auch nicht offengelegt werden, kritisiert AK-Wohnrechtsjurist Walter Rosifka. Auch die Richter hätten aufgrund des Gesetzes keine klare Vorstellung, wieviel eine Wohnung tatsächlich kosten darf. "Das ist ein Versäumnis des Gesetzgebers, der die notwendige Korrektur nicht vornimmt." So musste ein Mieter vier Jahre prozessieren, bis er erfuhr, wie hoch der zulässige Zins für seine 82 m²-Wohnung ist. Vereinbart waren bei Vertragsabschluss 605 Euro netto (790 Euro brutto). Das schien dem Mieter zuviel. Die Schlichtungsstelle kam auf 407, das Bezirksgericht auf 460 und das Landesgericht auf 547 Euro. Der Oberste Gerichtshof entschied dann vor knapp einem Jahr, dass die Nettomiete 480 Euro ausmachen darf, berichtet Rosifka aus der Praxis. Sein Fazit: "Keiner weiß, wie hoch die zulässige Hauptmiete tatsächlich sein darf." AK-Präsident Herbert Tumpel fordert daher eine Mietzinsobergrenze. Es sei unzumutbar, dass die durchschnittliche Miete bereits bei knapp 10 Euro pro m² liege. "Das ist für einen Haushalt unleistbar."

Die je nach Bundesland unterschiedlichen Richtwerte werden ab 1. April um 1% angehoben. Sie steigen in Wien von 4,32 auf 4,37 Euro. Am niedrigsten ist der Wert im Burgenland mit 3,99 (3,94) Euro und am höchsten in Vorarlberg (mit 6,71 nach 6,63 Euro). In Salzburg und der Steiermark steigt er von 5,96 auf 6,03 Euro, in Niederösterreich von 4,43 auf 4,48 Euro. Wer im Vertrag eine Klausel hat, dass bei Richtwertänderung automatisch eine Zinserhöhung erfolgt, muss nun für eine 80 m²- Wohnung 4 Euro mehr pro Monat zahlen.