Zum Hauptinhalt springen

Unerträglich und unverständlich

Von Fritz Hausjell

Gastkommentare
Fritz Hausjell ist Außerordentlicher Universitätsprofessor am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien.

Die Inaktivität der Wiener Neustädter Staatsanwaltschaft schadet dem ORF-Redakteur Ed Moschitz bei der Wiederherstellung seiner Reputation.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Langsam stinkt die Sache. Von außen drängt sich der Eindruck auf, da wird ein Verfahren in die Länge gezogen. Zur Erinnerung: FPÖ-Chef Strache hatte ORF-"Am Schauplatz"-Gestalter Ed Moschitz der Anstiftung zur NS-Wiederbetätigung bezichtigt und dem ORF vorgeworfen, die Bänder im Nachhinein manipuliert zu haben, nachdem darauf keine einschlägigen Sager zu hören waren.

Bei einem Dreh über Skinheads am 12. März 2010 war es bei einer FPÖ-Veranstaltung in Wiener Neustadt zum Eklat gekommen: Strache warf Moschitz vor laufender Kamera vor, zwei Skinheads, die im Mittelpunkt der "Am Schauplatz"-Reportage standen, zu Nazi-Sagern angestiftet zu haben. Strache hatte sich später bekanntlich nicht mehr entscheiden können, ob er "Sieg Heil" oder "Heil Hitler" hörte.

Die Originalkassette der Aufnahmen wurde am nächsten Tag von der Polizei sichergestellt. Zwei Gutachten konnten keine Manipulation nachweisen. Die Staatsanwaltschaft verlangte daraufhin die Herausgabe aller Bänder der wochenlangen Reportagedrehs. Nach einer versuchten Beschlagnahmung entschied der Oberste Gerichtshof, dass die Bänder durch das Redaktionsgeheimnis geschützt sind.

Dann passierte monatelang nichts. Der ORF-Redakteursrat forderte Justizministerin Beatrix Karl im Mai letzten Jahres auf, in der Causa endlich tätig zu werden. Moschitz erhielt für seine Reportage "Am rechten Rand" den Volksbildungspreis. Ein Monat später hat die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt das Ermittlungsverfahren gegen Moschitz wegen Anstiftung zur Wiederbetätigung eingestellt. Nicht aber das Verfahren wegen möglicher Manipulation der Aufnahmebänder.

Justizministerium und Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt entschieden im Juni 2011, ein letztes Gutachten beim Bundeskriminalamt Wiesbaden einzuholen. Das ist laut Moschitz bis heute nicht passiert. "Skandalös" findet das nun dessen Anwalt. Über die Gründe für den "zögerlichen und unprofessionellen Umgang" der Staatsanwaltschaft mit dem Fall ließe sich nur spekulieren.

Solange der Vorwurf der Staatsanwaltschaft gegen Moschitz nicht geklärt ist, kann Strache seine Vorwürfe weiter wiederholen. Zugleich wird Moschitz’ medienrechtliche Klage gegen die FPÖ nicht weiterbehandelt, solange der Vorwurf weiter im Raum schwebt.

Erst jetzt, nachdem am Freitag Moschitz eine Pressekonferenz gab, schickt die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt ein Rechtshilfeansuchen nach Deutschland und begründet die Dauer von einem dreiviertel Jahr (!) damit, dass alles recht kompliziert wäre und vieler Telefonate bedurft habe. Das klingt wenig überzeugend. Zudem verweist das Anwaltsbüro, das Moschitz vertritt, darauf, dass Anfragen bei der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt schon vor Monaten jeweils zur Auskunft geführt habe, das Band sei schon nach Wiesbaden geschickt worden. Staatsanwaltschaftssprecher Erich Habitzl dementiert derartige Auskünfte von seiner Seite. Eigentlich sollte der Fall nicht so kompliziert sein. Aber offenbar hat jemand Interesse, die Sache in die Länge zu ziehen. Wem dies schadet und wem dies nützt, ist klar.