Obwohl man es kaum anders erwarten konnte, erfreulich wäre es schon gewesen, hätte man Sonntag "im Zentrum" eine faire und vorverurteilungsfreie Diskussion mit Grasser erlebt. Aber: Auch wenn die tendenziösen und süffisanten Fragen von Ingrid Thurnher wie auch die engagierten Äußerungen des PR-Experten Rosam und des Politik-Wissenschafters Filzmaier letztlich an der Eloquenz und dem Präsentationsgeschick Grassers abgeperlt sind, ein Unschuldsbeweis ist das keinesfalls.
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Aber auch: Wenn die Debatte bei vielen Zusehern emotional eine Vorverurteilung Grassers ausgelöst oder bestärkt haben sollte, ist das kein Schuldbeweis. Die kaum mehr indirekte Aufforderung eines Publizistik-Professors, Angehörige der Justiz sollten weiter die Amtsverschwiegenheit brechen, wie die gesamte Sendung hat wohl auch Tausende Zuseher hinterlassen, deren Glaube an den Rechtsstaat nicht gerade gefestigt wurde. Daran konnte auch der korrekte Auftritt von Staatsanwälte-Sprecher Jarosch nicht viel ändern. Seine Erklärung, dass die Recherchearbeit der unter Personalnot leidenden Staatsanwaltschaft eben viel Zeit brauche, macht den nun 17 Monate langen Schwebezustand nicht erträglicher.
Vor allem für die Vielzahl derer, die genug haben vom bisherigen Wechselspiel von Anschuldigungen und Dementis, die endlich wissen wollen, ob Grasser schuldig ist oder nicht. Ein rascher Beginn des Verfahrens oder dessen Einstellung muss daher im Interesse der Justiz liegen. Auch um haltlosen Dolchstoßlegenden über ein abgekartetes Spiel ein für allemal den Boden zu entziehen.