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Unflexible Unternehmenskultur lässt Wal-Mart in Deutschland scheitern

Von Harald Waiglein

Analysen

In den USA ist die Supermarktkette Wal-Mart so groß, dass selbst Volkswirte die Quartalsergebnisse des Unternehmens genau verfolgen, weil diese einen beträchtlichen Teil der amerikanischen Inlandsnachfrage abdecken. Mehr als 100 Millionen Amerikaner kaufen jede Woche bei Wal-Mart ein.


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Der beispiellose Erfolg der Kette in ihrem Heimatmarkt fußt auf beinharter Kostenreduktion. Diese betrifft nicht nur Zulieferer, sondern auch die Beschäftigten des Unternehmens. Nicht nur, dass die Löhne bei Wal-Mart traditionell zu den niedrigsten in den USA gehören und weniger als die Hälfte der 1,3 Millionen Beschäftigten der Kette krankenversichert sind es ist darüber hinaus deklarierte Geschäftspolitik von Wal-Mart, jede Filiale sofort zu schließen, in der Beschäftigte der Gewerkschaft beitreten.

In den USA ist Wal-Mart mit dieser Strategie höchst erfolgreich. Die Kunden schätzen Auswahl, Qualität und Preise der Kette.

Fiasko Deutschland

International lief es für Wal-Mart zuletzt allerdings in einigen Märkten weniger gut. Nach dem Rückzug aus Südkorea vor einigen Wochen folgt nun der Abschied vom zweitgrößten Einzelhandelsmarkt der Welt, Deutschland. Insbesondere Deutschland war für den erfolgsverwöhnten Konzern ein Desaster.

Wal-Marts Markteintritt in Deutschland erfolgte 1998 durch den Kauf der dortigen Wertkauf- und In-terspar-Ketten. Der Konzern versuchte sofort, sein Konzept aus den USA in Deutschland umzusetzen, allerdings ohne dabei in geringster Weise auf örtliche Gegebenheiten einzugehen. Offensichtlichstes Beispiel dafür war die Weigerung der damaligen Landesgeschäftsführung, Deutsch zu erlernen.

Doch es gab noch andere Defizite in der Unternehmenskultur. Wal-Mart-Manager konnten einfach nicht verstehen, warum sich ihre deutschen Arbeitnehmer bei Arbeitsbeginn lieber auf der Toilette versteckten, statt im Firmenuniform gemeinsam die Wal-Mart-Hymne zu singen. Noch weniger Verständnis brachten sie für das deutsche Arbeitsrecht und deutsche Gewerkschaften auf.

Viele eigentlich vermeidbare und für das Unternehmen teure Arbeitskonflikte waren die Folge. Auch die Preise der Zulieferer konnte Wal-Mart wegen fehlender Marktmacht nicht so stark drücken wie in den USA.

Und mit der deutschen Bauordnung hat sich die Kette nie angefreundet: Während in den USA Filialen mit über 22.000 Quadratmetern Fläche üblich sind (zum Vergleich: Österreichs größter Supermarkt hat eine Fläche von 12.000 ; üblich sind 400 bis 1000 ) scheiterten solche Projekte in Deutschland an Flächenwidmungsplänen.

Andere Einzelhändler haben sich besser an den deutschen Markt angepasst: Metro, Aldi und Lidl operieren dort erfolgreich mit hauchdünnen Gewinnmargen. Wal-Mart schrieb hingegen jedes Jahr Verluste. Die starre Strategie war nicht konkurrenzfähig.

Bericht Seite 25