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Ungarische Regierung paukte Sparmaßnahmen durch

Von Harriett Ferenczi

Europaarchiv

Ministerpräsident Ferenc Gyurcsany zu Besuch in Wien. | Budapest/Wien. (apa) Der ungarische Regierungschef hat einen versöhnlichen Staatsbesuch in Wien absolviert. Nach einem Treffen mit Kanzler Wolfgang Schüssel schlug Ferenc Gyurcsany am Dienstag konziliante Töne beim Thema Arbeitsmarkt an, dem in den vergangenen Jahren einzigen schwierigen Disput zwischen Österreich und Ungarn.


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Nach der EU-Erweiterung 2007 werde man bald "im gleichen Boot sitzen" wie Österreich, sagte er mit Verweis auf die geplante Aufnahme von Ungarns Nachbarland Rumänien gemeinsam mit Bulgarien in die Europäische Union. Man werde dann auch sehen, dass jede Medaille zwei Seiten habe, sagte Gyurcsany.

Österreich hatte die Aufhebung der Zugangsbeschränkungen für Arbeitnehmer aus den 2004 beigetretenen acht osteuropäischen EU-Ländern bisher verweigert. Zuletzt war die Übergangsfrist bis 2009 verlängert worden, bei voller Beibehaltung der Beschränkungen. Die Weiterführung der Arbeitsmarktbeschränkungen ist allerdings maximal bis 2011 möglich.

Innenpolitisch ist Gyurcsany weniger konziliant. Seine sozialliberale Regierung setzte im ungarischen Parlament Montag Abend mit 196 Jazu 153 Nein-Stimmen ein steuerliches Sparpaket durch - gegen den verbissenen Widerstand der rechtskonservativen Oppositionspartei FIDESZ/Ungarischer Bürgerverband.

Gyurcsany erhöht Steuern

Diese hatte die Gesetzvorlage abgelehnt, da der Premier die Öffentlichkeit nicht rechtzeitig über die "wahre Finanzlage" im Land informiert habe. Zugleich werden die Maßnahmen als "konzeptionslos" bezeichnet. Das Sparpaket beinhaltet die Erhöhung des mittleren Schlüssels der Umsatzsteuer von 15 auf 20 und der vereinfachten Unternehmersteuer von 15 auf 25 Prozent. Zugleich werden Einnahmen mit 20 Prozent versteuert, die sich aus Zinsen und Börsentransaktionen ergeben.

Weiters verabschiedete das Parlament einen Gesetzesentwurf über Sondersteuern und Sonderabgaben, die der Verbesserung des Gleichgewichtes des Staatshaushaltes dienen sollen. Damit werden Gewinn bringende Unternehmen und Privatpersonen mit einem Jahreseinkommen über sechs Millionen Forint (21.687 Euro) zur Zahlung einer Solidaritätssteuer von vier Prozent verpflichtet, Banken wiederum müssen nach Zinseinnahmen staatlich gestützter Kredite eine Abgabe von fünf Prozent entrichten.

Durch die erhöhten Steuern werden sich die Preise von Lebensmitteln und die Fahrpreise der öffentlichen Verkehrsmittel erhöhen. Wegen der erhöhten Genusssteuer werden Zigaretten um 6,8 Prozent und Alkohol - außer Wein - um 8,4 Prozent teurer.

Der im Mai wiedergewählte Gyurcsany will das in diesem Jahr erwartete Budgetdefizit von acht Prozent des Bruttoinlandsprodukts durch drastische Sparmaßnahmen bis 2008 auf drei Prozent drücken. So soll eine der Voraussetzungen für die Einführung des Euro geschaffen werden.