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Ungarn: Bajnai will anderen Ländern die Jobs abjagen

Von WZ-Korrespondentin Karin Bachmann

Europaarchiv

Ein Bündel von Maßnahmen soll den Staat neu aufstellen. | Budapest. Bis spätestens Ende übernächster Woche will sich Ungarns neuer Ministerpräsident Gordon Bajnai im Parlament Rückendeckung für das Programm verschaffen, mit dem er Ungarn sanieren will. Das sagte der Premier am Freitag vor Journalisten in Budapest. Bisher wurden eine Anhebung der Mehrwertsteuer von 20 auf 25 Prozent sowie Korrekturen bei der Lohnsteuer zu Gunsten von Wenigverdienern verabschiedet. Ab Montag beraten die Abgeordneten über den umstrittenen Wegfall der 13. Pension und des 13. Gehalts im öffentlichen Dienst. Per 1. Jänner 2010 soll zudem eine Vermögenssteuer eingeführt werden.


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Der Regierungschef muss Tatkraft demonstrieren. Derzeit überprüfen Delegationen des IWF und der Europäischen Kommission, inwieweit Ungarn den Gegenleistungen für im Herbst zugesagte Kredite in Höhe von 20 Mrd. Euro nachkommt. Beobachter schließen nicht aus, dass Ungarn noch einmal nachverhandeln muss. Bajnai selbst räumt ein, dass der makroökonomische Rahmen vollständig neu geplant werden müsse, zumal das Bruttoinlandsprodukt um mindestens sechs Prozent schrumpfen dürfte.

Zu wenige Beschäftigte

Zugleich will er vorausschauend auftreten: Die Regierung müsse die Krise managen, vor allem aber Akzente für Beschäftigung setzen. Nach der Krise werde es darum gehen, in welchen Ländern neue Jobs geschaffen würden, die zwischenzeitlich anderswo wegfielen. Ungarn, wo seit Oktober rund 8000 Menschen gekündigt wurden, wolle die Nase vorn haben.

Außerdem müssten die Pensionen langfristig gesichert werden. Ab 2012 werde das Pensionseintrittsalter schrittweise von jetzt 62 auf 65 Jahre erhöht. Der Anteil der Beschäftigten an der Bevölkerung müsse deutlich gesteigert werden. Dazu sollen unter anderem Kinderbetreuungseinrichtungen ausgebaut werden. Mit einer Quote von 57 Prozent liege Ungarn deutlich unter dem EU-Durchschnitt von knapp 65 Prozent.

Bajnai zufolge bleibt einem ungarischen Arbeitnehmer zurzeit wegen der hohen Steuer- und Abgabenbelastung monatlich nicht mehr als ein Nettogehalt von 372 Euro. Ab 1. Jänner sollen es wegen der Steuerkorrekturen netto 52 Euro mehr sein.

Mit einer "klaren Forint-Politik" will Bajnai das Vertrauen in den Wirtschaftsstandort Ungarn stärken. Die Landeswährung soll mittelfristig bei einem Wechselkurs von 280 je Euro stabilisiert werden. Im Übrigen werden derzeit bürokratische Prozesse auf ihre Kosten hin überprüft und gegebenenfalls entschlackt. Als Ergebnis dieser Kontrollen wurden bisher allein in der Baubranche 30 Verfahren vereinfacht.