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Für die US-finanzierte Zentraleuropäische Universität bedeutet die Gesetzesänderung das Ende. Vassilakou bietet Übersiedlung nach Wien an.
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Budapest. Trotz massiver internationaler Proteste hat Ungarns Parlament mit der Mehrheit der rechtsnationalen Regierungspartei Fidesz am Dienstag die Änderung des Hochschulgesetzes beschlossen, die einen weiteren Betrieb der US-finanzierten Zentraleuropäischen Universität (CEU) in Ungarn unmöglich macht. Universitäten, deren Geschäftssitz außerhalb der EU liegt, dürfen in Ungarn künftig nur existieren, wenn sie auch in ihrem "Mutterland" eine reguläre Universität betreiben. Voraussetzung ist ferner, dass es ein bilaterales Abkommen zwischen Ungarn und dem Ursprungsland gibt.
Beide Bedingungen erfüllt die CEU als einzige Universität in Ungarn nicht. Gegründet vom US-Milliardär und Philantropen George Soros, bietet die CEU seit 25 Jahren in Budapest geisteswissenschaftliche Postgraduierten-Studiengänge an. Soros’ Ziel war es, vor allem in postkommunistischen Ländern zum Aufbau demokratischer, offener Gesellschaften beizutragen. Dahingegen ist Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán seit Jahren dabei, Demokratie und Meinungsfreiheit auszuhöhlen.
Kurz vor der Abstimmung hatte Fidesz das Gesetz sogar noch verschärft: Die Frist, innerhalb derer die CEU entweder die Neuregelungen erfüllen, oder den Betrieb schließen muss, wurde auf den 1. Januar 2018 festgelegt - und damit um neun Monate verkürzt.
Zoltán Balog, der für Bildung zuständige Minister für Humanressourcen, bekräftigte, dass das neue Gesetz auf die CEU abziele. "George Soros und seine Organisationen" führten mit ihren "schein-zivilen Agenten" gegen Ungarns Regierung "eine Diffamierungskampagne im Weltmaßstab". Und: "Wir sind fest entschlossen, diese Aktion zu beenden."
Angebot für Umzug nach Wien
Die CEU-Führung äußerte sich entschlossen, für ihren Verbleib als freie Lehranstalt zu kämpfen. Sie rief Staatspräsidenten János Áder auf, das Gesetz nicht zu unterschreiben. Eine Klage gegen das Gesetz vor dem Verfassungsgericht kündigte die öko-liberale Partei LMP an, weitere dürften folgen.
Indes stellte sich Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hinter die Proteste: Europa dürfe "nicht schweigen, wenn der Zivilgesellschaft, selbst der Wissenschaft - wie jetzt an der CEU in Budapest - die Luft zum Atmen genommen werden soll", sagte er am Dienstag vor dem EU-Parlament in Straßburg.
Auch Wiens Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) bekundete ihre Solidarität mit der CEU. In einem Schreiben bot sie Rektor Michael Ignatieff einen Umzug in die Bundeshauptstadt an: "Sollte es tatsächlich notwendig werden, würde ich Sie einladen, über Wien als möglichen neuen Standort der Central European University nachzudenken." Die CEU hält sich dazu vorerst bedeckt. "Die Privatuniversität will den Standort in Budapest behalten. Das ist nachvollziehbar und das haben wir auch erwartet", hieß es am Dienstag aus dem Büro von Vassilakou.
Warum also das Angebot? "Das macht man nur, wenn man davon ausgeht, dass es vielleicht wahrgenommen wird." Es gelte, die Entwicklungen in Ungarn abzuwarten, die Entscheidung über einen Standortwechsel liege bei der CEU. Fest steht laut Vassilakous Büro, dass Wien von einer Umsiedlung profitieren würde. Denn die CEU wäre für den Uni-Standort "ein zusätzliches Asset".
Dennoch scheint das Angebot vage. Weder wird ein möglicher Standort noch ein Zeitrahmen genannt. Auch die innerpolitische Dimension wirft Fragen auf: Zwar sei das Angebot mit dem städtischen Koalitionspartner SPÖ koordiniert worden - ob vor oder nach dem Schreiben, könne man aber "nicht genau sagen". Sollte Wien wirklich die CEU als Privatuni installieren, müsste das Bürgermeister Michael Häupl vor sich hertragen. Die SPÖ war diesbezüglich am Dienstag für keine Stellungnahme erreichbar. Somit ist es derzeit unrealistisch, dass Wien eine fünfte Privatuni bekommen wird.