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Ungarn bewegt Firmen zur Mediation

Von WZ-Korrespondentin Karin Bachmann

Wirtschaft

Handelskammer bietet eigene Dienstleistung an. | Verfahren bei Unternehmen noch eher unbekannt. | Budapest.Mediation ist in den meisten postsozialistischen Transformationsstaaten zwar ein gängiges Verfahren zur Entlastung der oft hoffnungslos überlasteten Gerichte, doch der spezifische Begriff Wirtschaftsmediation ist nur wenigen geläufig.


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Während etwa in Ungarn Mediationsverfahren eine gewisse Tradition im sozialen Bereich haben, wissen die dortigen Firmen nur sehr selten, dass sich auch Konflikte zwischen Unternehmen, zwischen Abteilungen oder zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung sowie Auseinandersetzungen bei Projekten im Wege der Mediation lösen lassen.

Die Auffassung, dass in solchen Fällen ein Mediator als neutrale dritte Person hinzugezogen werden kann, der die Parteien bei der Beilegung eines Streits unterstützt, setzt sich erst allmählich durch.

Trotzdem werden in Ungarn Akzente in puncto Wirtschaftsmediation gesetzt. Die Deutsch-Ungarische Industrie- und Handelskammer (DUIHK) in Budapest bietet seit einiger Zeit eine eigene Dienstleistung Wirtschaftsmediation an. Unternehmen können mit Unterstützung der Kammer eine Wirtschaftsmediation durchführen, die Kammer betreut auch einen Pool zertifizierter Mediatoren mit unterschiedlichen Schwerpunkten.

Das Deutsch-Ungarische Bildungszentrum der DUIHK wiederum bietet Lehrgänge an, bei denen Interessierte das Wichtigste über Wirtschaftsmediation erfahren und sich auch zu Mediatoren ausbilden lassen können. Der Kurs soll in diesem Frühjahr zum dritten Mal stattfinden, bisher nahmen an den Kursen jeweils zwischen 10 und 15 Interessierte teil, berichtet Mária Boros-Huber, geschäftsführendes DUIHK-Vorstandsmitglied.

Kein Imageverlust

Das klingt nach wenig, doch hat es für die Region Signalwirkung. Im September lädt die DUIHK deshalb Interessierte aus der weiteren Region zu einem zweitägigen "Schnupperkurs" zum Thema Wirtschaftsmediation ein. Bisher sind Boros-Huber zufolge besonders Tschechen und Slowaken an dem Thema interessiert.

Der besondere Vorteil der Wirtschaftsmediation liegt darin, dass Konflikte ohne Gerichtsverfahren schnell, kostengünstig und - da Mediation nicht öffentlich ist - imageschonend gelöst werden. Wird auf Vermittlung der DUIHK ein Konflikt im Wege der Mediation gelöst, fällt nur das Honorar für den Vermittler an. Der Konflikt selbst ist im Schnitt nach ein bis zwei Sitzungen beigelegt.

Inzwischen wurde sogar ein Verein zur Förderung der Wirtschaftsmediation gegründet. Erschwert wird die Arbeit von Wirtschaftsmediatoren in Ungarn zurzeit allerdings noch dadurch, dass deren Tätigkeit unter das Gesetz über Vermittlerdienste fällt, das nur relativ allgemeine Anforderungen an die Qualifikation stellt. Nicht zuletzt deshalb gibt es auch keine einschlägigen Statistiken über den Einsatz von Wirtschaftsmediatoren. Allerdings setzt langsam ein Bewusstseinswandel ein: In der Zivilprozessordnung ist seit einiger Zeit zwingend vorgeschrieben, dass eine Klagschrift zwingend einen Hinweis darauf enthalten muss, ob vor dem Prozess ein Mediationsverfahren stattfand.