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Konservative Fidesz kann mit klarem Sieg über Sozialisten rechnen. | Rechtsradikale Jobbik steht vor Einzug ins Parlament. | Budapest. Gerade mit Blick darauf, dass Viktor Orbán 1989 zu den führenden Köpfen des demokratischen Wandels in Ungarn gehörte, lässt das Ziel des Oppositionsführers für die Parlamentswahlen im April aufhorchen. Der 46-Jährige peilt mit seinem Fidesz nicht nur eine klare Mehrheit an, sondern will alle 176 Wahlkreise für sich entscheiden. | Wahl im Land der geplatzten Träume | Janukowitsch gewinnt in Ost und West | Tschechien: Land ohne Mehrheiten | Slowakei: Rauer Gegenwind für erfolgsverwöhnten Regierungschef
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Fidesz sei in einer außergewöhnlichen Situation, weil überhaupt erstmals in der Geschichte Ungarns eine Chance bestehe, dass eine Partei überall siege, untermauerte sein Wahlkampfleiter Gábor Kubatov am Montag in Budapest den Machtanspruch des Parteivorsitzenden.
Wiederkehr eines Machtmenschen
Orbán schwebt nicht etwa die Rückkehr zu einem totalitäten System vor. Vielmehr steht er vor einer doppelten Herausforderung. Will er in der nächsten Legislaturperiode die von ihm angestrebte tiefgreifende gesellschaftliche Erneuerung Ungarns durchsetzen, reicht es bei diesen Wahlen nicht, allein mit dem ohnehin schon überdurchschnittlichen Machtwillen eines Politikers anzutreten, der zum zweiten Mal Ministerpräsident werden möchte. Orbán muss auch ein Ergebnis erzielen, aufgrund dessen von vornherein eine Koalition mit der Rechtspartei Jobbik ausgeschlossen ist.
Nach aktuellen Umfragen kann Fidesz bei den Wahlen, die voraussichtlich am 11. April stattfinden, mit einer komfortablen Mehrheit vor den Sozialisten rechnen, die den amtierenden parteilosen Premier Gordon Bajnai stützen. Außer Fidesz und den Sozialisten würde derzeit nur Jobbik den Einzug ins Parlament schaffen.
Nach den Lagerkämpfen der vergangenen Jahre verbietet sich ein Zusammengehen von Fidesz mit den Sozialisten im Falle eines unerwartet niedrigen Wählerzuspruchs für Orbáns Mannschaft gewissermaßen von selbst. Mit Blick auf Jobbik wiederum erklärte Orbán schon im Sommer, er werde mit dieser Partei nicht zusammen regieren. Damit hat er sich selbst in die Pflicht genommen. Die Wähler aber entscheiden erst noch.
Ungarn für radikalenWechsel im Land
Im Vorfeld scheint klar, dass die meisten Ungarn einen radikalen Wechsel der Verhältnisse im Lande befürworten. Dabei ist die grundlegende Frage ist, ob sie tatsächlich willens sind, sich in Zeiten der Krise auf Veränderungen einzulassen, wie sie Orbán in Aussicht stellt, auf einen Wandel also, der einen nachhaltigen Aufschwung bringen könnte, aber relativ komplex angelegt ist. Es ist keinesfalls auszuschließen, dass eine beachtliche Zahl von Wählern am 11. April für die vermeintliche Sicherheit votiert, die Jobbik mit seinen einfach zu erfassenden Parolen von Recht und Ordnung verspricht.
Dabei wird Orbán vor dem 11. April vergleichsweise einfach zu den Menschen sprechen. Fidesz will in seiner Wahlkampagne die amtierende Regierung als "korrupt", "unfähig" und "inkompetent" brandmarken. Etwas mehr als einen Monat will die Partei die Wahltrommel rühren. Die Kampagne soll außerdem nicht viel kosten. Auf ähnliche Weise wollen die Sozialisten für sich werben. Der Wahlkampf werde so lang sein "wie gerade eben nötig"; hatte Spitzenkandidat Attila Mersterházy noch im alten Jahr betont. Die Menschen sollten sehen, dass "wir nicht blind für ihre Nöte in der Krise sind und nicht unnötig öffentliche Gelder verschwenden". Auch damit wolle seine Partei unter Beweis stellen, dass sie aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt habe. Mit seiner Nominierung solle zudem ein Zeichen dafür gesetzt worden, dass sich die Sozialisten verjüngen wollten.
Nach dem bisherigen Stand der Dinge scheint es aus Sicht von Viktor Orbán kein Fehler, dass er auf tiefgehende inhaltliche Auseinandersetzungen mit den Sozialisten verzichten will. Denn was die Botschaften angeht, mit denen er vor allem die Menschen seiner eigenen Generation ansprechen will, verlautet vom "Kandidaten", wie der 35-jährige Mesterházy in den ungarischen Medien genannt wird, bisher so gut wie nichts. Man möge ihn doch im Februar nochmals einladen, wenn man denn Konkretes dazu wissen wolle, beendete er im Dezember höchst vage ein Pressefrühstück mit ausländischen Journalisten.