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Ungarn fordern mit MOL-Regelungen eine Klage vor dem EuGH heraus

Von Harald Waiglein

Analysen

Es mag den Ungarn vielleicht nicht so bewusst sein: Das Bild, dass ihre Regierung im Zusammenhang mit der MOL derzeit vom ungarischen Kapitalmarkt zeichnet, gleicht dem einer Bananenrepublik.


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Nur ein Beispiel von mehreren: Wenn die staatliche ungarische Finanzmarktaufsicht im Hinblick auf die Absichtserklärung der OMV zur MOL von "Irreführung" spricht und deshalb eine Strafe gegen die OMV verhängt, kann man eigentlich nur noch den Kopf schütteln.

Jedem Anleger, der die Absichtserklärung gelesen hat, war absolut klar, was damit gemeint war. Wenn die ungarische Finanzmarktaufsicht das Papier als einziger Akteur nicht versteht, sollten sich die Prüfer ernsthaft überlegen, andere Jobs zu suchen.

Das Problem ist freilich weniger, dass die ungarischen Prüfer einfache Erklärungen nicht verstehen (sie verstehen sie sehr wohl), sondern, dass Ungarn keine Skrupel hat, eine Behörde als politische Waffe gegen unliebsame Investoren einzusetzen. So etwas sollte in einem EU-Mitgliedsland eigentlich nicht mehr möglich sein.

OMV als Staatskonzern

Die Ungarn führen gerne ins Treffen, dass die OMV ein "Staatskonzern" (wegen des ÖIAG-Anteils) sei, während man die MOL "völlig privatisiert" habe. Sie rechtfertigen ihre Vorgangsweise damit, dass Ungarn die MOL nicht privatisiert hätte, damit ein ausländischer Staat sie nachher aufkauft.

Das Verhalten des MOL-Managements und der ungarischen Regierung straft diese Argumentation jedoch Lügen: Die MOL ist zwar auf dem Papier privatisiert, de facto übt der Staat aber über eine Goldene Aktie nach wie vor die Rechte eines Großaktionärs aus.

Wer sich wie ein Großaktionär benimmt, der sollte in einem EU-Land allerdings auch tatsächlich einer sein. Ganz egal, welcher Ansicht man über den Staatsanteil bei der OMV sein mag: Es werden keine Rechte beansprucht, die über die dem Anteil entsprechenden Aktionärsrechte hinausgehen.

Wer hingegen Aktien verkauft und das Geld fürsBudget kassiert, gleichzeitig aber Bedingungen schafft, die ihm denselben Einfluss geben, als wäre er noch Eigentümer, der hat entweder das Prinzip einer Privatisierung oder das Prinzip des Kapitalmarktes nicht verstanden - oder er ignoriert sie bewusst. Jedenfalls ist ein solches Verhalten wesentlich irreführender als die Absichtserklärung der OMV. Hier wird wohl der Europäische Gerichtshof das letzte Wort haben.

Freilich ist Österreich auch selbst daran schuld, wenn die Argumente Ungarns Gehör finden. Wer seinen Strom-Sektor vor ausländischen Investoren derart abschottet wie Österreich (mittels verfassungsrechtlich abgesicherter Staatsmehrheit und Stimmrechtsbeschränkungen), der wirkt als Vorkämpfer der rein wirtschaftlich motivierten Fusion nicht wirklich glaubwürdig.

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