Sorge wegen neuer Spannungen zwischen Armenien und Aserbaidschan.
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Budapest. Der aserbeidschanische Außenminister Elman Abdullajevet musste am Dienstag sogar nach Washington Bericht erstatten, was er für die zwischen Armenien und seinem Land umstrittene Region Bergkarabach erwartet. Die Welt blickt mit Sorge dorthin, seit der armenische Staatspräsident Sersch Sargsjan Aserbeidschan "mit Vergeltung" drohte und dabei erneute Kriegshandlungen nicht ausschloss.
Die Armenier sehen sich an zwei Fronten provoziert: in Budapest und in Baku. Der frühere aserbeidschanische Offizier Ramil Sahib Safarow wurde am Freitag von Ungarn nach Aserbeidschan überstellt. Seit 2004 hatte er in Budapest eine Freiheitsstrafe wegen Mordes verbüßt, weil er den armenischen Leutnant Gurgen Margaryan, der wie er einen Englischkurs für Militärangehörige besuchte, im Schlaf mit 16 Axthieben zerstückelt hatte. Seine Anwälte gaben an, ihr Mandant sei nach dem Tod von Verwandten im Konflikt um Bergkarabach traumatisiert.
Seit seiner Rückkehr nach Aserbeidschan wird Safarow wie ein Held gefeiert. Kaum aus dem Flugzeug gestiegen, wurde er begnadigt und zum Major erhoben. Außerdem erhielt er eine Wohnung und Gehaltsnachzahlungen ab dem Tag seiner Verurteilung zugesprochen. Ohne Begnadigung hätte Safarow mindestens bis 2036 im Gefängnis bleiben müssen. Dort wäre er auch noch, hätte sich der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban Ende Juni in Aserbeidschan nicht kaufen lassen, ist jedenfalls die armenische Regierung überzeugt. Die diplomatischen Beziehungen nach Budapest liegen seit Freitag auf Eis.
Tatsächlich war die Überstellung Safarows in seine Heimat Thema beim Orban-Besuch in Baku. Strittig ist, ob auch über eine Finanzspritze des aserbeidschanischen Ölfonds für Ungarn in Höhe von umgerechnet zwei bis drei Milliarden Euro gesprochen wurde. Im August wurden solche Pläne jedenfalls in Budapest bekannt, auch wenn die aserbeidschadnische Botschaft das nun als Spekulation abtut. Unterdessen spricht der ungarische Vize-Außenminister Zsolt Nemeth von einem massiven Vertrauensbruch. Er beruft sich auf ein Schreiben vom 15. August, worin zugesichert worden sei, Safarows Strafe werde nicht umgewandelt. Nach internationalem Recht ist allerdings eine Begnadigung zulässig.
Budapests Chefdiplomaten müssen sich nun den Vorwurf gefallen lassen, diese Möglichkeit nicht bedacht zu haben und damit unter Umständen die Verantwortung für einen militärischen Konflikt sowie für Verzögerungen bei der Fortschreibung zwischen der Europäischen Union und zwei Ländern der Östlichen Partnerschaft zu tragen.