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Demonstration im Zentrum Budapests. | Eisenbahner, Ärzte, Lehrer streikten. | Budapest. Am Vormittag wurde gestreikt, am Nachmittag demonstriert. Nachdem der gestrige Streik der ungarischen Eisenbahner um Punkt zwölf Uhr vorbei war, ging die Auseinandersetzung um die Schließung von 38 Regionallinien auf den Straßen von Budapest weiter. Gegen 18.00 Uhr versammelten sich Tausende von Menschen auf dem zentralen Kossuth-Platz, um für die Forderungen der Eisenbahner und gegen die sozial-liberale Regierung von Premier Ferenc Gyurcsany zu protestieren. Schon am Tag zuvor hatten Busfahrer, Flughafenangestellte und vereinzelt auch Ärzte sowie Lehrer die Arbeit niedergelegt. Neben der Rücknahme der Einsparungen bei der Bahn forderten sie einen Verzicht auf die angekündigten Teilprivatisierungen im Gesundheitswesen.
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Der Anlass für die Proteste ist nicht neu: Seit seiner Wahl im April 2006 hat Premier Gyurcsany mit wenig populären Reformen versucht, das ungarische Budgetdefizit in den Griff zu bekommen. Nicht ohne Erfolg: Betrug es im Vorjahr 9,2 Prozent, was den höchsten Wert in der EU ausmachte, so wird es heuer bei 6,4 Prozent liegen. Für 2009 sind gar nur noch 3,2 Prozent prognostiziert. Die positive statistische Entwicklung ging allerdings mit einem harten sozialen Kurs einher, der von Anfang an die defizitären Eisenbahnen, das Gesundheitswesen und das Pensionssystem im Visier hatte.
Popularität sinkt
Ob es Gyurcsany nun tatsächlich gelingt, sein Reformprogramm vollständig umzusetzen, gilt als fraglich. Die Ersetzung des staatlichen Krankenversicherungssystems durch untereinander konkurrierende Privatversicherer, muss noch vom Parlament beschlossen werden und da rührt sich auch Protest in Gyurcsanys eigener Partei - nicht zuletzt unter dem Eindruck jüngster Meinungsumfragen: Von 43 Prozent bei den letzten Wahlen ist die sozialdemokratische MSZP inzwischen auf mickrige 15 Prozent heruntergerasselt.