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Ungarn: Sanierung mit Fragezeichen

Von WZ-Korrespondentin Karin Bachmann

Wirtschaft

Kurs nach IWF-Milliardenkredit | stiftet Verwirrung. | Budapest. Eines der größten Rätsel in Ungarn ist momentan der tatsächliche Zustand der Volkswirtschaft. Auch ein Besuch von Dominique Strauss-Kahn in Budapest brachte keine Klarheit. Der Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) hatte mit Regierungschef Ferenc Gyurcsány über Maßnahmen nach dem insgesamt 25 Milliarden schweren internationalen Kredit verhandelt, der Ungarn Ende Oktober zugesichert worden war, um einen Staatsbankrott zu verhindern. Der IWF steuert dazu 12,5 Milliarden Euro bei.


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Doch Ungarn präsentiert sich alles andere als ein tatkräftiger Schuldner. Mit kryptischen Botschaften, wie Ungarn wirtschaftlich nach vorne gebracht werden soll, weckt die Regierung eher Ängste, anstatt Vertrauen zu stiften. Gyurcsány spricht von "sozialen Einschnitten", obwohl die Sicherung von Arbeitsplätzen für die Regierung Priorität habe. Tatsächlich müssen viele Arbeitnehmer ihren Hut nehmen. Die Arbeitslosenquote liegt derzeit bei 8 Prozent. Nach offiziellen Angaben soll sie bis Ende des Jahres auf 9,2 Prozent hochschnellen.

Höhere Mehrwertsteuer

Widersprüche gibt es vor allem rund um das Budgetdefizit. Offiziell angepeilt sind 2,8 Prozent, Gyurcsány zufolge können es aber auch 3 Prozent sein. In dem Haushaltspaket, über welches das Parlament am kommenden Donnerstag beraten soll, sei "Süßes und Bitteres". Finanzminister János Veres hatte vor kurzem noch gesagt, Korrekturen am Budget für 2009 seien nicht notwendig. Laut Gyurcsány hingegen muss wegen der Finanzkrise alles neu berechnet werden.

Die EU prognostiziert Ungarns Wirtschaft in diesem Jahr ein Schrumpfen von 1,1 Prozent, das Finanzministerium geht gar von einem Einbruch zwischen zwei und drei Prozent aus.

Will die Regierung ein Budgetdefizit von 2,8 Prozent erreichen, müsste der Fiskus entweder 200 Millionen Euro mehr einnehmen oder weniger ausgehen.

Zwar fordert die Wirtschaft schon seit langem eine durchgreifende Steuerreform. Der Premier will aber vorerst nur bei der Mehrwertsteuer Entscheidendes ändern. Sie soll, von bestimmten Verbrauchsgütern abgesehen, gleich um 4 bis 5 Prozent erhöht werden und läge damit bei mehr als 20 Prozent. Ein Prozent mehr Mehrwertsteuer bringt dem Fiskus laut Gyurcsány 35 Millionen Euro Mehreinnahmen, wovon 25 bis 30 Millionen als Entlastung für das Budget übrig blieben.

Der Forint tendiert in diesen Tagen noch schwächer gegenüber dem Euro als im Herbst 2008: Heftige Turbulenzen bei der Landeswährung waren einer der Gründe gewesen, dass Ungarn um internationale Finanzhilfen gebeten hatte.