Ungarn rüstet sich so für Milliardenpoker mit EU und IWF. | Spekulationen über größere Kabinettsumbildung mit "Superminister".
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Budapest. Nach einigem Zögern hat Ungarn am gestrigen Freitag ein Einlenken beim europäischen Haushaltspakt angekündigt. Budapest wolle sich den Vereinbarungen anschließen, sobald die Regierung dort, wo es notwendig sei, Konsultationen mit dem Parlament durchgeführt habe, teilte Ministerpräsident Viktor Orban gemeinsam mit seinen Amtskollegen aus Bulgarien, Dänemark, Lettland, Litauen, Polen, Schweden, Rumänien und Tschechien mit. Zunächst hatte Orban in Brüssel noch einen Beitritt zum Fiskalpakt abgelehnt. Am Freitag erklärte er, er habe kein Mandat, das es ihm erlauben würde, etwas von der ungarischen Souveränität aufzugeben, und dass die Entscheidung vom Parlament getroffen werden müsse. Es sei genügend Zeit, weil die Frist dafür erst im März ablaufe.
Die ungarische Regierung, die den Beitritt zur Eurozone erst ab 2020 anpeilt, will es sich offenkundig weder mit der Europäischen Union (EU) noch mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) verscherzen. Beide hatte Ungarn am 21. November offiziell um Finanzhilfe ersucht, wobei es bisher nur ungefähre Angaben zur Höhe der beantragten Kredite gibt. Zuletzt bezifferte Viktor Orban die benötigte Summe auf insgesamt "vier bis fünf Millionen Dollar". Eine gemeinsame Delegation der EU und des IWF reist in der kommenden Woche nach Budapest, um sich über die jüngsten budgetären Entwicklungen zu informieren. Die offiziellen Verhandlungen beginnen erst Anfang nächsten Jahres.
Unterdessen wird in Budapest über eine größere Kabinettsumbildung zum Jahresende spekuliert. Darüber berichtet das Internatportal index.hu unter Berufung auf führende Mitglieder des regierenden Fidesz. Außer dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Zsolt Semjen gehören dem Kabinett acht Minister an. Ihre Zahl könnte sich auf sieben vermindern, zumal sich Orban mit den Ressortchefs schon vor längerem darauf verständigt haben soll, dass ihre Mandate zum 31. Dezember auslaufen.
Der bisherige Entwicklungsminister Tamas Fellegi trat am Donnerstag zurück, um sich auf die anstehenden Verhandlungen mit dem IWF konzentrieren zu können. An sich wäre Wirtschaftsminister György Matolcsy dafür zuständig. Er bewies allerdings in der Vergangenheit nur wenig Geschick. Im Juli 2010 brach der IWF die Verhandlungen in Budapest ab, nachdem Matolcsy seine Gesprächspartner nicht davon hatte überzeugen können, dass er eine nachhaltige Sanierung der Staatsfinanzen plante. Für Ärger sorgte damals auch die Einführung einer zunächst auf drei Jahre befristeten Sondersteuer für Banken.
Matolcsy, oft als "Orbans rechte Hand" bezeichnet, soll künftig angeblich auch Fellegis Aufgaben wahrnehmen und damit zu einem "Superminister" aufsteigen. Spekulationen, wonach es nur eine Frage der Zeit sei, bis Matolcsy den Vorstandsvorsitzenden des Energiekonzerns MOL Zsolt Hernadi ablöse, wären damit hinfällig. Als sicher gilt hingegen ein Weggang von Infrastrukturminister Miklos Rethely, der Orban schon um seine Entlassung gebeten haben soll. Er könnte durch den Fidesz-Fraktionschef Janos Lazar oder den bisher für die Integration der Roma zuständigen Staatssekretär im Verwaltungs- und Justizministerium Zoltan Balog abgelöst werden. Fest im Sattel scheinen Innenminister Sandor Pinter, Außenminister Janos Martonyi sowie Verwaltungs- und Justizminister und Vizepremier Tibor Navracsics zu sitzen.