Bilaterales Verhältnis nach Zwischenfällen gestört. | Ausschreitungen nach Fußballmatch. | Budapest. Die Spannungen zwischen der Slowakei und Ungarn erreichten am Montag ihren vorläufigen Höhepunkt. Angehörige des rechtsradikalen ungarischen Jobbik und seines paramilitärischen Ablegers Ungarische Garde blockierten ab 9 Uhr mehrere Grenzübergänge zwischen beiden Ländern. Unweit von Österreich, in Rajka, musste die Polizei etwa gut ein Dutzend Autos abschleppen, die die rechte Fahrspur Richtung Slowakei versperrten. Junge Männer enthüllten dort in Anspielung auf Ján Slota, den Vorsitzenden der Slowakischen Nationalpartei (SNS), ein Plakat mit der Aufschrift "Welcome to Slotakia". Slota, dessen SNS an der Koalitionsregierung in Pressburg beteiligt ist, wird wegen seiner permanenten Verbalausfälle gegen den südlichen Nachbarn ein wesentlicher Anteil an der drastischen Verschlechterung der bilateralen Beziehungen zugeschrieben.
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Spätestens seit einem Fußballspiel zu Allerheiligen herrscht zwischen Pressburg und Budapest Eiszeit. Am 1. November hatte die Polizei bei der Partie zwischen Dunajská Streda und Slovan Bratislava nach schweren Ausschreitungen hart durchgegriffen. Fußballfans des Budapester Traditionsclubs Ferencváros sollen dort als Provokateure aufgetreten sein. Der ungarische Premier Ferenc Gyurcsány forderte allerdings von seinem slowakischen Amtskollegen Robert Fico konkrete Beweise.
Fico wiederum sprach von einer "Bedrohung", nachdem ungarische Hooligans für vergangenen Samstag einen Aufmarsch in der ostslowakischen Metropole Kaschau angekündigt hatten. 28 uniformierte Rechtsradikale wurden tatsächlich in Královský Chlmec festgenommen, aber schon tags darauf wieder auf freien Fuß gesetzt.
Entschärfung möglich?
Am Mittwoch wollen die Mitglieder der Parlamentsausschüsse beider Länder für europäische Angelegenheiten im nordwestungarischen Komárom zusammenkommen. Auf slowakischer Seite nimmt auch Vizepremier Dusan Caplovic an den Gesprächen teil. Caplovic gilt als das Regierungsmitglied, das die Attacken Ján Slotas am schärfsten verurteilt. Ihm wird insofern auch von ungarischer Seite ein ernsthaftes Interesse an einer Entschärfung des Konflikts zugeschrieben.
Bei den Regierungschefs hingegen ist genau das zweifelhaft. Ferenc Gyucsány kündigte zwar an, er wolle sich wegen der aktuellen Vorfälle mit seinem Amtskollegen treffen. In der Vergangenheit blieb es aber oft bei solchen Ankündigungen oder die Gespräche verliefen ergebnislos.
Im Übrigen wäre es verkürzt, für die Abkühlung des slowakisch-ungarischen Verhältnisses allein Ján Slota verantwortlich zu machen. Bis heute sind die Umstände des Überfalls auf die Studentin Hedviga Malina nicht geklärt, die 2006 in Nitra verprügelt worden sein will, weil sie Ungarisch sprach. Im Übrigen haben sich die slowakischen Ängste, die mehrheitlich von Ungarn bewohnte Südslowakei werde sich mit tatkräftiger Unterstützung des ungarischen Oppositionsführers Viktor Orbán bald für autonom erklären, seit einem Wechsel an der Spitze der Ungarnpartei SMK im April des Jahres 2007 deutlich verstärkt.
Der slowakische Oppositionspolitiker Pavol Abrhan bringt die Lage auf den Punkt, wenn er es für das gefährlichste Element der aktuellen Zuspitzungen hält, dass nunmehr "Extremisten die Herrschaft über die slowakisch-ungarischen Beziehungen gewonnen haben".