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Attila Mesterházy will Orbán bei Wahlen im April herausfordern.
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Budapest. Nach quälendem Tauziehen ist Ungarns schwächelnde links-liberale Opposition näher zusammengerückt. Sie einigte sich auf einen gemeinsamen Spitzenkandidaten, der den rechtsnationalen Viktor Orbán bei der Parlamentswahl im April herausfordern soll: Attila Mesterházy, Vorsitzender der sozialistischen MSZP. Er führt die gemeinsame Kandidatenliste dreier Parteien an. Neben der MSZP sind dies das Bündnis Együtt-PM (Gemeinsam-Dialog für Ungarn) des früheren Ministerpräsidenten Gordon Bajnai (2009-2010) und die Demokratische Koalition (DK) des umstrittenen Ex-Premiers Ferenc Gyurcsány (2004-2009).
Dieses Triumvirat beschloss zudem die Aufstellung gemeinsamer Einzelkandidaten in den Wahlkreisen. Demnach kandidieren in 71 Kreisen MSZP-Politiker, 22 entfallen auf Együtt-PM und 13 auf Gyurcsanys DK. Diese Einigung war wichtig, weil das neue Wahlrecht die Einzelkandidaten der größeren Parteien begünstigt, denn hierbei reichen einfache Mehrheiten für den Einzug ins Parlament aus, sodass gegenseitige Konkurrenz der Oppositionskandidaten ruinös wäre. In Ungarns Parlament werden laut neuem Gesetz nicht mehr wie bisher 386 Abgeordnete sitzen, sondern nur noch 199. Von diesen gelangen 106 als Einzelkandidaten ins Parlament und 93 über Parteilisten.
Wie schwierig diese Einigung war, verriet Mesterházy vor der Presse mit einem Satz, aus dem die Erleichterung sprach: Er hoffe, dass nunmehr die Opposition "bis zu den Wahlen keine andere Sorge mehr hat, als den Bewohnern des Landes das Programm des Oppositionsbündnisses zu erklären". Heftigster Streitpunkt war bisher die Person Gyurcsány. Der Mann ist vielen Ungarn fast ebenso verhasst wie Orbán, seitdem er 2006 mit seiner sogenannten Lügenrede das Land in Aufruhr versetzt hat. Damals hatte Premier und Sozialistenchef Gyurcsány in einer parteiinternen Rede seine Genossen aufgefordert, die Lebenslügen des ungebremsten Wohlfahrtsstaats zu beenden. Diese auf geheimen Wegen veröffentlichte, gründlich missverstandene Rede hatte in Budapest Massenkrawalle ausgelöst. Darauf führen viele Ungarn den Erdrutschsieg von 2010 des nunmehr autoritär regierenden Orbán zurück. Lange haben Mesterházy und Bajnai den schillernden Gyurcsany wie einen Aussätzigen gemieden. Der schwerreiche Ex-Premier gilt als egozentrischer, als Teamworker unzuverlässiger Karrierefreak.
Ob das Triumvirat bei der Wahl gegen den übermächtigen Orbán den Hauch einer Chance hat, hängt von der Mobilisierung der Unentschlossenen ab, die laut Umfragen etwa die Hälfte der Wähler ausmachen. Orbáns Partei Fidesz käme auf 28 bis 37 Prozent - ein derzeit unerreichbarer Wert für das Dreier-Oppositionsbündnis, das zusammen höchstens auf 22 Prozent käme. Weitere Partner sind kaum in Sicht: Die starke Partei Jobbik kommt wegen ihres Rechtsradikalimus nicht in Frage. Für die grün-konservative Partei LMP gibt es wiederum ein rotes Tuch: Ferenc Gyurcsany.