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Es gibt ja Leute, die glauben an Gerechtigkeit in der Politik. Möglich, aber gewiss ist das längst nicht. Und ein neuer Politik-Almanach wird präsentiert.
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Mit der Leistungsgerechtigkeit ist es in der Politik bekanntlich nicht allzu weit her. Das ist gar nicht so zynisch gemeint, wie es klingt. Die schönsten Siege fallen einem hier von scheinbar irgendwoher in den Schoß, während Wählerwatschen hart erarbeitet sein wollen. So verdankte die ÖVP ihre 42 Prozent 2002 dem Selbstzerstörungstrieb der FPÖ und dem Schwiegersohn-Appeal von KHG; 2006 war es an der SPÖ, trotz Bawag-Affäre zu jubeln, weil die ÖVP vor lauter Selbstzufriedenheit auf das Wahlkämpfen vergaß; und erst der Unfalltod Haiders bescherte schließlich den Kärntner Freiheitlichen im BZÖ-Gewand 45 Prozent.
Schon damals stand Heinz-Christian Strache mit seiner FPÖ übrigens auf der Verliererseite - und jetzt muss er schon wieder für den Rekordabsturz der Kärntner Blauen den Kopf hinhalten. Mitleid ist allerdings ebenso wenig wie Schadenfreude eine politische Kategorie, witzig ist das aber schon irgendwie.
Und mit ein bisschen Glück schaffen es SPÖ und ÖVP, bis zum Herbst auf Tauchstation zu bleiben und die Bühne allein den Blauen und ihrem Elend zu überlassen. Diese Strategie sollte jetzt nur noch irgendwer dem Rechnungshof mitteilen, auf dass dieser nicht länger mit peinlichen Prüfberichten Rot und Schwarz einen Strich durch diese schöne Rechnung macht.
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Das Bemühen der heimischen Politik um saubere Hände, die Sisyphus-Arbeit der Euro- und Europa-Rettung sowie zwei Jahre Rot-Grün in Wien: Das sind die Schwerpunkte im "Österreichischen Jahrbuch für Politik 2012", das heute, Mittwochabend, präsentiert wird.
Europa zu retten, ist bekanntlich leichter gesagt als getan. Karl Aiginger, Leiter des Wirtschaftsforschungsinstituts, skizziert in seinem Beitrag ein breit angelegtes Forschungsprojekt, das auf den mäßig einprägsamen Titel "WWWfor Europe" (steht für welfare, wealth and work) hört. Unter Führung des Wifo soll hier erarbeitet werden, wie Europa seine positiven sozialen und kulturellen Eigenheiten bewahren und gleichzeitig die Wettbewerbsprobleme der südlichen Mitgliedsstaaten bewältigen kann. Klingt wie eine Quadratur des Kreises? Ist es vielleicht auch, klingt aber trotzdem spannend. Die Ergebnisse der Forschungen, die bereits seit einem Jahr laufen und auf insgesamt vier Jahre befristet sind, sollen als Kompass für die Europa-2020-Strategie der EU-Kommission dienen.
Wen in den vergangenen Monaten das Gefühl beschlichten hat, "die in Brüssel" kämen von einem anderen Stern und sprächen in Rätseln wie Sixpack, Two Pack, europäisches Semester, Fiskalpakt, ESM etc., dem bietet der Beitrag Harald Waigleins Erleichterung. Österreichs Vertreter im Direktorium des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zieht dabei Zwischenbilanz über die bisher erfolgten Maßnahmen für die Rettung des Euro und zur Sicherstellung künftiger finanzpolitischer Stabilität.