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Ungleiche Verantwortung

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Viele Unternehmer und Manager beklagen den Stillstand der Politik und fordern mutigere wirtschaftspolitische Entscheidungen. Die Mängelliste, die da aufgezählt wird, trifft in vielen Dingen ins Schwarze.

Die Verantwortung, die Unternehmen und ihre Leiter trifft, wird allerdings nicht so genau ausgeleuchtet. Zu einem Forderungskatalog gehört allerdings auch ein Pflichtenheft. Und angesichts der weiterhin ausbleibenden Investitionen werden viele Firmen ihrer Verantwortung nicht gerecht.

Denn das schwache Wirtschaftswachstum liegt auch daran, dass viele Großunternehmen lieber Geld horten, als es zu investieren. Auch in den Rückkauf eigener Aktien wird einiges investiert, auch dies ist keine besonders produktive Verwendung der Mittel.

Die Rahmenbedingungen seien so schlecht, dass viele Unternehmen mit Investitionsentscheidungen zuwarten, lautet die Begründung. Flexible Arbeitszeit, niedrigere Lohnnebenkosten, weniger Bürokratie - dann werde alles besser.

Selbst wenn das alles stimmt, bleibt eine Frage: Wenn die Politik diese Forderungen nicht rasch umsetzt, was dann?

Unternehmen, die nicht investieren, verlieren Wettbewerbsfähigkeit - egal, ob die herrschende Politik gerade gut ist oder nicht. Nun können Firmen natürlich keine "patriotischen Investitionen" tätigen, denn dies wirft keine Renditen ab. Aber Unternehmertum bedeutet auch Verantwortung - nicht nur dem grenzenlosen Markt gegenüber, sondern auch den Mitarbeitern.

Der Anteil der Industrie an der heimischen Wirtschaftsleistung ist unter 20 Prozent gefallen, eine beängstigende Entwicklung. Wenn die geringe Investitionsneigung so weitergeht, wird der Wert noch deutlich geringer.

Natürlich ist die Regierung dringend aufgefordert, Maßnahmen bei der Bildung und am Arbeitsmarkt zu setzen, doch ebenso dringend müssen die Unternehmen investieren.

Denn der Wirtschaftsstandort Österreich leidet zwar an schlechter Stimmung, ist aber im Vergleich zu anderen EU-Ländern so schlecht nicht.

Es wäre also wünschenswert, wenn die Unternehmen die Politik nicht ganz so ernst nehmen und zu investieren beginnen würden.

Die Regierung wiederum sollte diese Verantwortung ebenso einmahnen - und sich generell mehr trauen beim Umschichten von Budgetmitteln.