Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Den Schülern müsse man das Gefühl geben, sie könnten die Relativitätstheorie verstehen, sagt Anton Zeilinger. Sein Physiklehrer gab ihm dieses Gefühl und stiftete ihn damit zum Physikstudium an, berichtet der renommierte Professor für Quantenphysik. Für ihn zählt Begeisterungsfähigkeit zu den wichtigsten Eigenschaften eines Lehrers.
Um solche Lehrer heranzuzüchten, will die Uni Wien in den kommenden drei Jahren die Lehrerbildung forcieren, kündigte Rektor Heinz Engl am Mittwoch vor Journalisten an. Ab 2013 sollen Lehramtsstudien, Kompetenzzentren für Didaktik und Fachdidaktik am Zentrum für Lehrerbildung gebündelt werden. Als Leiter dieses neuen Zentrums sei ein "sehr prominenter Professor" im Gespräch, kündigte Engl an, wollte aber noch keinen Namen nennen.
Nach der geplanten Reform der Pädagogenausbildung sollen Lehrer der Sekundarstufe an den Universitäten ausgebildet werden, fordert Engl: "Das muss politisch außer Frage gestellt sein", er sieht "keinen Grund, warum Lehrer der Neuen Mittelschule woanders ausgebildet werden sollen als Gymnasiallehrer". Als Fernziel kann er sich vorstellen, auch Volksschullehrer auszubilden. Engl glaubt aber auch, dass die Politik von der gemeinsamen Ausbildung aller Lehrer – "vom Kindergarten bis zu den Senioren" – wieder abgekommen sei.
Mehr Weiterbildung für Lehrer an den Unis
Die Weiterbildung von Lehrern sollte ebenfalls stärker an den Universitäten stattfinden, so der Rektor. Bei der Implementierung der Bolognastruktur sieht er das Unterrichtsministerium gefordert, die Rechtslage genau zu definieren. Denn bevor Lehrpläne umgestellt werden, müsste das Unterrichtsministerium klären, welche Berechtigungen und Anforderungen mit einem Bachelor- bzw. Masterabschluss einhergehen.
Dass es an den Unis anders als an den Pädagogischen Hochschulen (PH) keine Zugangsbeschränkungen gibt, ist für Engl kein Problem: "Zugangsbeschränkung sind wichtig, aber nicht beim Lehramt." Für ihn ist die Studieneingangsphase hier ausreichend.
Derzeit sind die PHs für die Ausbildung von Volks-, Haupt- und Sonderschullehrern zuständig. Dass sie die Ausbildung aller Pädagogen übernehmen könnten, ist für Engl nicht nachvollziehbar. Dadurch würden hohe Kosten entstehen, da die an den Unis vorhandene Forschungskompetenz erst aufgebaut werden müsste. Studierende aus den Bundesländern, in denen es keine Unis gibt, könnten wie bisher die Ausbildung an anderen Standorten absolvieren. "Ich hoffe, dass es bei einer so wichtigen Frage nicht nur um politische Macht geht", sagte Engl.
"Geringe Kosten für Lehrerausbildung"
Die Kosten für eine Ausbildung aller Lehrer der Sekundarstufen an den Universitäten wären gering, meinte dazu Zeilinger und merkte an: Wäre das Unterrichtsministerium von der ÖVP geführt und das Wissenschaftsministerium von der SPÖ, sähe die Debatte wohl anders aus. Dass die Lehrerausbildung an den Universitäten angesiedelt werden soll, unterstrich auch der Physikprofessor, da sie "die Nabelschnur zur Forschung" seien.