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Uni Wien wäre am Patent für größte Biotech-Entdeckung beteiligt

Von Eva Stanzl

Wissen
Miterfinder Chylinski.
© vbcf

Wiener PhD-Student machte die revolutionäre Technologie für genetische Veränderungen zum Thema seiner Doktorarbeit.


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Wien. Krzysztof Chylinski bringt der Welt der Forschung bei, wie die bisher beste Genschere funktioniert. In seinem Labor im Vienna Biocenter im dritten Wiener Gemeindebezirk erfahren Biologen, wie sie Gene in Modellorganismen rasch und schnell verändern können, um damit Erkrankungen zu untersuchen. In Chylinski haben sie jedenfalls einen Top-Experten als Lehrer, denn der in Polen geborene Mikrobiologe ist ein Miterfinder der Technologie, die die Genetik auf den Kopf stellt. "Crispr/Cas9 (kurz für Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats, Anm.) war das Thema meines PhD. Ich kam im Jahr 2008 zu Emmanuelle Charpentiers Gruppe an die Max F. Perutz Laboratories, um zusammen mit ihr und anderen daran zu arbeiten", sagt der Mikrobiologe. Das Ergebnis war eine viel beachtete Studie über einen Abwehrmechanismus von Bakterien gegen invasive Viren-DNA. Die Bakterien machen die Eindringlinge unschädlich, indem sie deren DNA umschreiben. In einem zweiten Paper publizierte das Team zusammen mit Jennifer Doudna von der University of California, wie das Ganze gezielt zur Manipulation von Genen verwendet werden kann.

"Wir haben die gesamte Familie dieser Systeme charakterisiert, somit bin auch ich einer der Erfinder dieser Technologie", erklärt Chylinski, der als PhD in den Perutz Laboratories an der Universität Wien beschäftigt war. Somit ist die Uni Wien an einem in ihrer Geschichte vermutlich einzigartigen Patent beteiligt.

Die Patente für die größte Biotech-Entdeckung des Jahrhunderts könnten ihren Erfinderinnen viele Millionen bringen. Denn mit der Crispr-Methode ist es möglich, DNA gezielter und viel schneller zu verändern als mit anderen gentechnischen Methoden. Davon verspricht man sich lukrative Anwendungen in der Medizin und der Landwirtschaft.

In einem aufsehenerregenden Rechtsstreit erteilte das US-Patentamt den Entdeckerinnen von Crispr/Cas9 allerdings Mitte dieses Monats eine Abfuhr. Das "US Patent and Trademark Office" bestätigte die Rechte eines Teams um Feng Zhang am Broad-Institute in Cambridge, Massachusetts, und wies damit eine Klage der University of California zurück. Damit schaut auch die Universität Wien vorerst durch die Finger.

"Wir sind Minderheitseigentümer des Patents und die University of California bestreitet die Verhandlungen für uns mit", bestätigt Ingrid Kelly Spillmann, an der Uni Wien Expertin für Technologietransfer. Quantifizieren will sie den Streitwert nicht, so viel nur: "Unser Anteil hat eine signifikante Größe und die Einnahmen wären uns sehr willkommen, weil wir sie neu investieren könnten in Bereiche, für die es bisher zu wenig Geld gab."

Sollten Charpentier, Doudna und Chylinski ein Patent für die Grundlagen von Crispr/Cas9 erhalten, müssen zunächst alle Kosten für Einreichung und Rechtsstreit abgezogen werden. Lizenzgebühren aus dem Patent würden unter den Universitäten aufgeteilt und diese den Erfindern wiederum Erfindervergütungen bezahlen. "Normalerweise gibt es eine einzige Gruppe, die eine Erfindung macht, und die Rechte sind klar. Die Genschere wurde aber intensiv beforscht, es gab mehrere Teams, die daran arbeiten. Und mittlerweile gibt es viele Gruppen, die etwas damit zu tun haben, und die ebenso wie Drittfirmen entscheiden müssen, für welche Lizenzen sie kaufen müssen", erklärt Kelly Spillmann.

Die University of Berkeley will nun weitere Schritte unternehmen - immerhin geht es um die Frage, wer in Zukunft Patent-Lizenzen für alle Anwendungen auf der Basis von Crispr/Cas 9 vergeben darf. Die Frage wird die Wissenschaft auf Jahre beschäftigen. Mit Sicherheit ist davon auszugehen, dass mittlerweile eine Menge Anwalts- und Gerichtskosten angelaufen sind.