Die Entscheidung war von vornherein abzusehen. Nicht einmal die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) scheint ernsthaft daran geglaubt zu haben, dass Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) die Zugangsbeschränkungen zu jenen acht Studienfächern, die in Deutschland mit einem Numerus Clausus belegt sind, auslaufen lassen wird. Dennoch hat die ÖH als erste Zeter und Mordio geschrien und sich öffentlich "verarscht" gefühlt. Auch diese Reaktion war von vornherein abzusehen.
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Denn was dem österreichischen Hochschulsystem im Allgemeinen und der österreichischen Hochschülerschaft im Besonderen ganz offensichtlich fehlt, ist der Leistungsgedanke. Bestes Beispiel dafür sind die Eignungstests zum Medizinstudium (EMS). Dort haben die Österreicher im Vergleich zu ihren deutschen Kollegen signifikant schlechter abgeschnitten. Nach dem Grund wurde nicht gefragt, die ÖH versteifte sich lediglich auf das schlechte Ergebnis der weiblichen Bewerber und forderte "geschlechtergerechte" Testfragen.
Dass einzig die Quotenregelung die Österreicher gerettet hat (75 Prozent der Erstsemestrigen müssen demnach über ein österreichisches Maturazeugnis verfügen), ist nicht nur EU-rechtlich fragwürdig. Es sagt auch einiges über die Lernbereitschaft der österreichischen Maturanten aus. Und das hat vermutlich nur wenig mit dem Geschlecht zu tun.
Doch der Hund liegt tiefer im System begraben. Natürlich mangelt es an ausreichender Finanzierung des Studienwesens, natürlich gibt es in Österreich verglichen mit dem OECD-Schnitt wenige Akademiker (20 Prozent in Österreich gegenüber 36 Prozent im OECD-Schnitt in der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen), und natürlich sind die Betreuungsquoten an den Unis nicht eben dazu angetan, diese Situation zu ändern.
Allerdings können Studienplätze, Medizinprofessoren und Labormaterial nicht einfach hergezaubert werden, dazu bedarf es einer grundlegenden Änderung des Studiensystems. Zwar haben sich im vergangenen Sommer die Stimmen für einen geregelten Hochschulzugang gemehrt - etwa forderte der Wissenschaftsrat "eignungsorientierte Zulassungsverfahren" zu allen Studiengängen, die Leiterin der ÖVP-Perspektivengruppe Bildung, Katharina Cortolezis-Schlager meinte, die Unis sollten sich ihre Studenten aussuchen können. Allerdings wurden beide Vorschläge von Hahn umgehend vom Tisch gewischt. Das Leistungsprinzip im Uni-Bereich bleibt ein Tabu. Nur sind aus Tabus erst selten Reformen erwachsen.
Solange alle Beteiligten auf stur schalten, ist es nur logisch, dass Halblösungen weiterhin ausgedehnt werden - wie die Verlängerung der Zugangsbeschränkungen bis 2009. Und wie sich das Wissenschaftsministerium dann entscheiden wird, ist genauso vorhersehbar wie die ÖH-Reaktion.