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Auch in der Sicherheitspolitik ist Kerneuropa nichts Neues.
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Der Euro oder das Schengener Abkommen sind Beispiele für eine engere Zusammenarbeit zwischen EU-Staaten. Auch in der Sicherheitspolitik ist Kerneuropa nichts Neues. Einige EU-Staaten betreiben Forschung und Entwicklung zu Drohnen, Marine oder zur militärischen Nutzung des Weltraumes. Genauso geschieht dies bei den Auslandseinsätzen. Die politisch Willigen und militärisch Fähigen marschieren im Namen der EU-28 los. EU-Truppen im Tschad, im Kongo, in Mali oder am Horn von Afrika – jedoch nichts geht ohne Deutschland und Frankreich. Die einen sprechen von der "Weiterentwicklung" der EU, die anderen von einer "Militarisierung".
Der EU-Vertrag von Lissabon aus dem Jahr 2007 sieht Kerneuropa auch vor. Politische oder militärische Bedenken können auf dieser Basis vertragskonform abgekoppelt werden. Die Willigen und Rüstigen machen mit, die anderen bleiben draußen. Das macht die EU nicht demokratischer. Wer am Abstellgleis steht, hat in Folge auch nicht mehr überall mitzureden. Dänemark spielt sicherheitspolitisch in der EU traditionell nicht mit.
Zurückhaltend – so auch hier – stets die neutralen Irland und Malta. Des Pudels Kern: Es gibt in wesentlichen Fragen der EU-Außenpolitik keine gemeinsame Haltung. Was tun mit Atomwaffen? Palästina anerkennen? Umgang mit Chinas Seidenstraße? Was tun in Syrien? Wie weiter mit den Russland-Sanktionen? Warum also braucht es zur Umsetzung uneiniger EU-Interessen noch mehr Truppen und noch mehr Rüstung?
Aufstockung der Haushalte
Unbestritten ist das nun Gestalt annehmende militärische Kerneuropa zwischen Hans Peter Doskozil und Sebastian Kurz. Die FPÖ verlangt eine Aufrüstung des Heeres und sieht in Kerneuropa einen Verbündeten. Schließlich ist offiziell in der EU in diesem Zusammenhang von einer "regelmäßigen realen Aufstockung der Verteidigungshaushalte" die Rede. Eine erste Liste für Rüstungsprojekte lag ruck zuck auf dem Tisch. Und damit niemand bummelt, gibt es nationale Umsetzungspläne und eine EU-Überprüfung. Der von der EU-Kommission im Juni 2017 präzisierte "European Defence Fund" füttert weitere Mittel zu: 2,5 Milliarden jährlich bis 2020 und 5,5 Milliarden ab 2020 pro Jahr. Stichwort ist nicht Rüstung und Militärintervention, sondern man hat rechtzeitig auf "Verteidigung" umetikettiert. Flankiert wird dies von der EU-Verteidigungsagentur.
Zu den vier Freiheiten der EU – Personen, Waren, Dienstleistungen und Kapital – kommt nun auch eine fünfte, nämlich das "militärische Schengen". Der Verlegung von Truppen und Material sollen keine Schranken im Weg stehen.
Was fehlt?
Die neuen Instrumente bearbeiten keine Konfliktursache und konzentrieren sich auf das Militärische. Abrüstung, zivile Krisenprävention, Vermittlung und Versöhnung sucht man in den jüngsten Papieren vergeblich.
Natürlich soll die Frage gestattet sein, ob’s so heiß gegessen wird wie gekocht. Muss nicht, aber Einiges deutet drauf hin. 2017 brachte den EU-Rüstungsfonds, ein ständiges Kerneuropa, neue Möglichkeiten für die EU-"battle groups" oder das militärische Hauptquartier. Es liegt an den EU-Staaten, dem Appell der EU auch zu folgen und diese Papiere umzusetzen. Oder auch nicht.