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Union verlässt sich ganz auf Merkels Beliebtheit

Von WZ-Korrespondentin Christine Zeiner

Politik

CDU und CSU wollen mehr Geld für Pensionen und keine Steuererhöhungen.


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Berlin. Mit Mutti Merkel kann ohnehin nichts schiefgehen - so lässt sich das Wahlprogramm deuten, das die Spitzen von CDU und CSU in Berlin präsentierten. Kritik daran kommt in Deutschland nicht nur vom politischen Gegner, sondern auch vom Koalitionspartner FDP. Und selbst aus den eigenen Reihen ist indirekt zu hören, dass die niedergeschriebenen Vorhaben nicht allzu ernst genommen werden müssten: "Es ist eine traditionelle Übung in dieser Republik, vor den Wahlen Wahlversprechen zu machen, die dann anschließend in Regierungskoalitions-Verhandlungen wieder wegrationalisiert werden", sagt der Vorsitzende des CDU-Wirtschaftsrats, Kurt Lauk, der ARD.

FDP grenzt sich ab

Für Lauk steht fest: Steuererhöhungen können nur dann ausgeschlossen werden, wenn man auf "teure Wahlversprechen" verzichtet. Doch die Union will beides. Die Pensionen für Mütter von vor 1992 geborenen Kindern werden demnach steigen, ebenso wie das Kindergeld und der Kinderfreibetrag. Die "Leistungsträger in der Mitte unserer Gesellschaft" sollen entlastet werden. Die Schulden will man indes verringern. Wie die Vorhaben finanziert werden sollen, ist unklar.

Ihre Rede am Montag in Berlin vor rund 600 Mandatsträgern nutzte Merkel noch einmal, um ihre Ablehnung gegen von der Opposition geforderte Steuererhöhungen auf große Vermögen eine Absage klarzumachen. In Zeiten des globalen Wettbewerbs sei der "rot-grüne Griff in die Firmenkasse" nicht sinnvoll, Unternehmen sollten sich in Deutschland zu Hause fühlen.

Der FDP kommt das Wahlprogramm des Koalitionspartners gelegen: Die Liberalen nützen es, um an ihre Kernwählerschaft zu apellieren. So spricht Spitzenkandidat Rainer Brüderle im "Deutschlandfunk" zwar von "durchaus liebenswerten und wünschenswerten" Zielen der Union. Doch stehe für die FDP ein ausgeglichener Haushalt im Mittelpunkt - "neue Risiken aufbauen" wolle man nicht. "Da haben wir ganz andere Vorstellungen."

Sorge, dass man mit vagen Ankündigungen oder uneingelösten Versprechen die Deutschen abschrecken könnte, hat man bei der Union nicht. "Wir werden in 90 Tagen hier von Berlin aus verkünden können: Angela Merkel bleibt Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland", sagt CSU-Chef Horst Seehofer. Die Kanzlerin ist beliebt. Fragt man deutsche Wähler nach den Gründen dafür, fällt die Antwort oft unkonkret aus: Sie mache das irgendwie recht gut. Ihr Rezept: Merkel ist uneitel und bodenständig. Sie wirkt mütterlich, Böses wird ihr nicht so recht zugetraut. Und sie liefert in Deutschland selten negative Schlagzeilen - ganz anders als ihr Herausforderer Peer Steinbrück von der SPD.

Kritik von der SPD

Für die Sozialdemokraten sieht es nach wie vor schlecht aus. Dass sich die CDU unter Merkel einen sozialeren Anstrich gibt, macht es für die Genossen nicht einfacher. Doch in der SPD-Parteizentrale zeigt man sich weiterhin optimistisch und kämpferisch.

"Von einer Sozialdemokratisierung des CDU-Programms kann man nun wirklich nicht reden", sagt SPD-Chef Sigmar Gabriel Montagfrüh im Willy-Brandt-Haus. Keine Rede sei von den vielen Jugendlichen, die nur befristete Jobs hätten. Kein Wort davon, dass Menschen nach "jahrzehntelanger Arbeit" von ihrer Rente nicht leben könnten. Und, so Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, die Christdemokraten würden zwar immerzu von einer "Flexiquote" sprechen, Fortschritte bei der Gleichstellung von Männern und Frauen gebe es aber keine. Doch welche Rolle spielt das Wahlprogramm der Union, wenn die Beliebtheit der Kanzlerin so oder so für einen Sieg reicht? "Das ist eine Unterschätzung, fast eine Missachtung der Wähler", antwortet Steinbrück.