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Vor dem Hintergrund der schlechtesten Umfragewerte für die Union seit der Bundestagswahl 2002 wollen CDU und CSU ihre Grabenkämpfe möglichst beilegen. Das strittigste Thema, die Gesundheitsreform, wurde zur Chefsache erklärt. Die beiden Parteivorsitzenden Angela Merkel und Edmund Stoiber treffen sich dazu heute in Berlin.
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Ziel ist es, noch vor dem CSU-Parteitag im November eine Einigung zu finden. Doch die Suche nach einem für beide Seiten tragfähigen Kompromiss über die Frage, wie aus Unionssicht das Gesundheitssystem gesichert werden kann, wird schwierig. Die CSU beharrt vehement auf einem "Stufenprämienmodell" mit nach Einkommen gestaffelten Krankenkassenbeiträgen, die CDU stattdessen auf einer einheitlichen Kopfpauschale von etwa 170 Euro im Monat für jeden Erwachsenen, wobei soziale Ausgleichszahlungen - Beiträge für Kinder und Zuschüsse für Arme - aus dem Steuertopf bezahlt werden sollen. Für die CSU ist das CDU-Modell unsozial und darüber hinaus schlicht unfinanzierbar - Experten schätzen die zusätzliche Steuerbealstung auf 40 Mrd. Euro. Nach Informationen der "Bild"-Zeitung wollen die Unionschefs nach ihrem morgigen Treffen eine gemeinsame Arbeitsgruppe von CDU und CSU einsetzen, die sämtliche Widersprüche ausräumen soll - quasi die Quadratur des Kreises erfinden.
Der Streit um das bessere Konzept für eine Gesundheitsreform ist Teil eines Machtkampfes zwischen den Schwesterparteien, der vor dem Hintergrund der kommenden Landtagswahlen (u.a. in Schleswig Holstein und Nordrhein-Westfalen) sowie der Bundestagswahlen 2006 an Schärfe zunimmt. Die CSU traut Merkel nach den jüngsten CDU-Niederlagen nicht mehr zu, den landesweiten Negativtrend zu stoppen.
Stoiber brach kürzlich sogar eine Kanzlerkandidaten-Debatte vom Zaun, auch wenn er nun wieder zurück ruderte und sich mit dem Außenamt zufrieden zu geben scheint. Er nahm sich Merkels fast verzweifelten Aufrufe zur Geschlossenheit in dieser Frage offenbar zu Herzen.
Stoibers große Nervosität erklärt sich aus dem dramatischen Vertrauensschwund der Union in der Öffentlichkeit. Laut einer Forsa-Umfrage, die im Auftrag des "Stern" und des Fernsehsenders RTL erstellt wurde, fiel sie bei der Sonntagsfrage erstmals seit zwei Jahren unter die 40-Prozent-Marke. Im Januar lag sie noch bei 49 Prozent.
Schlimmer fällt der Direktvergleich Merkels mit Gerhard Schröder aus: Hier liegt die Oppositionsführerin mit 32 Prozent um 10 Prozentpunkte hinter dem Kanzler.
Aufatmen kann Schröder aber noch lange nicht: Die SPD liegt bei der Sonntags-Frage unter 30 Prozent und damit weit abgeschlagen hinter der Union, auch wenn sie seit Jänner einen Prozentpunkt zulegen konnte. Die Grünen würden bei der Bundestagswahl 12 Prozent wählen.