Uniko-Chef Oliver Vitouch: Nicht nur Spitzen fördern, sondern auch den Basisbetrieb der Universitäten auf solide Beine stellen.
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Wien. In einem mehrjährigen Förderungspaket sollen die Budgets für Wissenschaft, Technologie und Start-ups bis 2021 um einen Betrag von mindestens 700 Millionen Euro erhöht werden. Doch nach dem Ministerratsbeschluss ist vor der Umsetzung: Die Gelder müssen im Finanzrahmen festgeschrieben werden, bevor sie verteilt werden können. Die Pläne seien ein willkommener Schritt, doch ohne Aufstockung der Uni-Budgets könne man keine echten Fortschritte machen, betont der Chef der Universitätenkonferenz (Uniko), Oliver Vitouch.
"Wiener Zeitung": Die "Forschungsmilliarde" sei eine "Wunschmilliarde, deren Finanzierung in Schwebe ist", kritisieren die Grünen. Teilen Sie diese Ansicht?
Oliver Vitouch: Im Sinne dessen, dass ich mir wünsche, dass es so wie geplant kommt, ist es auch für mich eine Wunschmilliarde - vor allem, was die bessere Aufstellung des Wissenschaftsfonds FWF im Sinne der universitären Forschung betrifft. (Der FWF soll zusätzlich 281 Millionen Euro erhalten, Anm.) Dass es die Taube auf dem Dach ist, glaube ich jedenfalls nicht. Im Rahmen des Finanzrahmengesetzes 2018 bis 2021 soll die finanzielle Bedeckung der geplanten Maßnahmen in Verhandlung gehen, heißt es in der Ministerratsvorlage. Es ist somit ein wichtiger erster Schritt getan, über den sich die Universitäten natürlich freuen. Wir nehmen die Regierung beim Wort und gehen nicht davon aus, dass sie solche Vorhaben leichtfertig ankündigt, sondern dass sie alle Anstrengungen unternehmen wird, um ihre Pläne umzusetzen, sofern nichts Außerordentliches oder völlig Unerwartetes passiert.
Aus dem Papier geht nicht hervor, wie viel die Universitäten von den zusätzlichen Mitteln bekommen sollen - die Leistungsvereinbarungen 2019 bis 2021 werden ja separat verhandelt.
Wir wirken mit dem Finanzrahmen komplex zusammen: Laut Universitätsgesetz ist bis Ende 2017 festzulegen, wie das Budget für alle 21 Universitäten 2019-21 aussieht. Die Leistungsvereinbarungen brechen dann herunter, wie viel jede Uni für sich verzeichnen kann. All dies ist aber nicht unabhängig vom Finanzrahmen, denn dort werden Elastizitäten verplant, und das ist bei einem Budgetposten für Universitäten von etwa 2,7 Milliarden 2016 bis 2018 ohne Sanierungen und Neubauten natürlich relevant. Die Medaille hat somit zwei Seiten: Wir müssen Spitzen fördern, aber auch den Basisbetrieb der Universitäten auf solide Beine stellen. Ohne die Basis wird die Luft an der Spitze nämlich sehr dünn werden.
Was sind Ihre Pläne dazu?
Die kapazitätsorientierte Studienplatzfinanzierung und eine Ausweitung von Aufnahmeverfahren wären wesentliche Standbeine im Zusammenhang mit den angekündigten finanziellen Maßnahmen. Zusammen mit dem FWF und einem Exzellenzprogramm, bei dem wir Personen mit großem Potenzial auf Tenure-Track-Stellen und mit Professuren ausstatten wollen, ergeben sich ausgezeichnete Chancen für Karrieren und den Forschungs- und Innovationsstandort.
Über die Studienplatzfinanzierung, bei der den Unis pro Studienplatz eine gewisse Summe zur Verfügung gestellt wird, wird schon lange diskutiert. Was ist der letzte Stand?
Der Wissenschaftsminister zeigt sich von der Bedeutung des Konzepts überzeugt und hat betont, man könne es nicht noch einmal verschieben. Was aussteht, ist eine Regierungseinigung, es umzusetzen, da man auch zu Aufnahmeverfahren und Zugangsmanagement gesetzliche Änderungen benötigt. Nun geht es darum, dass die Kanzlerseite der Regierung das Commitment macht, die Studienplatzfinanzierung ab 2019 einzuführen.
Ursprünglich wurden für diese Umstellung 450 Millionen Euro berechnet, dann kam die Hypo Alpe Adria dazwischen. Wir viel wollen Sie jetzt ausverhandeln?
Wir gehen davon aus, dass ein sinnvoller erster Einstieg in eine Studienplatzfinanzierung unter in Summe 500 Millionen Euro in den ersten drei Jahren nicht möglich ist. Das benötigen wir als Minimum für eine systematische Verbesserung der Betreuungsverhältnisse. Es handelt sich um eine Überführung von einem System ins andere, mit einem Zwischenzustand der alten Budgetierungslogik und einer langsamen Verschiebung der Zahlenverhältnisse. Die Einführung einer Studienplatzfinanzierung, die diesen Namen verdient, muss man sich über drei Leistungsperioden vorstellen.
Um wie viel muss das Budget der Universitäten steigen, um alle genannten Vorhaben umzusetzen?
Zusätzlich zu den derzeitigen 2,7 Milliarden jährlich müssten die in dieser Periode neu eingeführten Maßnahmen auch ab 2019 weiterfinanziert werden, daraus ergeben sich etwa 280 Millionen Euro pro Jahr. Hinzu kommt der Einstieg in die Studienplatzfinanzierung - aus Sicht der Uniko brauchen wir somit insgesamt um 1,35 bis 1,5 Milliarden Euro mehr - oder alljährlich 500 Millionen zusätzlich für 2019 bis 2021. Hinzu kommt der Bedarf für das Exzellenzprogramm, der separat diskutiert werden muss. Jetzt wird es möglicherweise heißen: Kriegen die nie genug? Aber die per Ministerratsbeschluss verheißene FWF-Dotation, die uns rasend freut, kann nur zusammen mit einem leistungsfähigen Regelbetrieb der Universitäten funktionieren, sonst müssen wir die Dissertanten für FWF-Projekte aus dem Ausland anheuern.
Sie sagten, dass Sie mit einer Umsetzung der "Forschungsmilliarde" rechnen, wenn nichts völlig Außerordentliches passiert. Was sagen Sie zum neuen US-Präsidenten Donald Trump - welche Auswirkungen erwarten Sie für die Forschung?
Ich habe, no joke, bereits eine seriöse Anfrage eines 60-jährigen US-Spitzenwissenschafters, der jetzt nach Österreich emigrieren möchte.
Oliver Vitouch, geboren am 4. April 1971 in Wien, ist Psychologe und Kognitionswissenschafter. Er promovierte 1999 zum Doktor der Naturwissenschaften an der Universität Wien. Seit Oktober 2012 ist er Rektor der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, seit Juni 2016 Präsident der Österreichischen Universitätenkonferenz (Uniko).