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Unisex-Tarife: Frauen zahlen drauf

Von Karl Leban

Wirtschaft
"Versicherungsmathematisch lässt sich alles rechnen", sagt Verbandspräsident Littich.

Umstieg auf geschlechtsneutrale Preise kostet Versicherer bis zu 130 Millionen.


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Wien. So hatte Brüssel das nicht geplant. Jetzt geht der Schuss nach hinten los: Frauen zahlen bei den künftig EU-weit vorgeschriebenen Unisex-Versicherungstarifen - das sind geschlechtsneutrale Prämien - nämlich erheblich drauf. Insgesamt, über alle Versicherungsprodukte hinweg, müssen sie in Österreich für ihre Polizzen gegenüber Männern jährlich 340 Millionen Euro mehr an Geld berappen. Diese überraschend hohe Zahl hat der Präsident des Versicherungsverbands, Allianz-Österreich-Chef Wolfram Littich, am Dienstag vor Journalisten genannt.

Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs darf die Versicherungsbranche im EU-Raum ab 21. Dezember 2012 generell nur noch einheitliche, vom Geschlecht der Kunden unabhängige Prämien verrechnen. Dies gilt für alle Neuverträge, die ab diesem Datum abgeschlossen werden.

Dass es für weibliche Versicherungsnehmer - zumindest in Österreich - im Durchschnitt deutlich teurer wird, hat laut Littich vor allem folgenden Grund: Haben Frauen für Unfall- und Ablebensversicherungen im Vergleich zu Männern, deren Lebenswandel als riskanter eingestuft wird, bisher um 35 bis 40 Prozent weniger Prämie gezahlt, fällt dieser Kostenvorteil in Zukunft weg.

"Und allein das fällt in der Gesamtrechnung stark ins Gewicht", sagt Manfred Baumgartl vom Versicherungsverband zu den alles in allem höheren Prämien für weibliche Kunden. Auch in der Autoversicherung wird es Rabatte für Frauen, die - statistisch gesehen - vorsichtiger fahren und weniger Unfälle verursachen als Männer, nicht mehr geben. Kranken-, Erlebens- und Pflegeversicherungen werden für sie hingegen trotz der höheren Lebenserwartung billiger. Männer müssen hier künftig zwar um 10 bis 20 Prozent mehr Prämie zahlen, profitieren aber von den neuen EU-Vorschriften unter dem Strich - umgelegt auf sämtliche Versicherungssparten - durch niedrigere Preise.

"G’scheit ist das nicht"

Ab 21. Dezember verteuern sich "gute Risiken" also, während sich die "schlechten Risiken" verbilligen. Damit, dass nun alles in einen Topf geworfen werden muss, sind die Versicherungen, die bisher gewohnt waren, geschlechtsspezifische Risiken auseinanderzuhalten, alles andere als glücklich. "Auch wenn es gesellschaftspolitisch gewollt ist - g’scheit ist das nicht", ätzt Littich. "Aber Gesetz ist eben Gesetz, und versicherungsmathematisch lässt sich alles rechnen."

Durch das "Gleichschalten" der Prämien für Mann und Frau wird freilich das Thema "Quersubventionierung" angestoßen, das es bisher so nicht gab, sagt Baumgartl zur "Wiener Zeitung". Seinen Angaben zufolge kostet die Umstellung auf Unisex-Tarife die heimische Versicherungsbranche insgesamt 100 bis 130 Millionen Euro. An der Neukalkulation der Prämien wird bei den Versicherern mit Hochdruck gefeilt, großteils ist sie bereits abgeschlossen.