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Universitäten verkaufen ihr geistiges Eigentum zu schlecht

Von Eva Stanzl

Wissen

Hochschulen nehmen einige Millionen zu wenig an Lizenzgebühren ein. | Nutzung kann jedoch für weitere Forschung kontraproduktiv sein. | Wien. Geht es nach EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier, sollen europäische Patente künftig nur noch auf Englisch, Französisch oder Deutsch veröffentlicht werden und somit billiger werden. Damit könnten, so der EU-Kommissar, Erfinder ihre Ideen leichter schützen, was die Innovationstätigkeit im Sinne des Wettbewerbs ankurbeln würde. Doch wo liegt der Sinn, wenn diese Erfindungen auf Papier gebannt in der Schublade verstauben?


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Allem Anschein nach schätzen selbst Österreichs Universitäten ihr Wissen zu wenig hoch ein. Und machen zu wenig aus ihrem geistigen Eigentum. Diese Ansicht vertritt der Rat für Forschung und Technologieentwicklung der Bundesregierung (RFT). Laut dem Universitätsgesetz gehören Erfindungen den Mitarbeitern der jeweiligen Uni, die die sich daraus ergebenden geistigen Eigentumsrechte nutzen kann. "Der Erfinder muss also eine Verwertung suchen. Es gibt kaum Netzwerke, die Patente bewerten und sie der Industrie anbieten", streicht Ratsmitglied Jürgen Stockmar hervor.

"Drang nach neuem Wissen"

Er zitiert aus einem Bericht des Rechnungshofs, wonach die Technische Universität (TU) Wien von 2004 bis 2008 über Patente verfügte, die ihr Lizenzgebühren in Höhe von 8,90 Millionen Euro einbrachten. Die TU Graz nahm sogar 10,30 Millionen Euro aus Lizenzen ein. Insgesamt hätte es aber mehr sein können: Unzureichende strategische Zielsetzungen und Schwächen bei der Abwicklung der Verwertungsprozesse führten dazu, dass in Wien zwei Millionen und in Graz 1,24 Millionen Euro zu wenig eingenommen wurden. Eine Bewertung der in ihrem Eigentum befindlichen Patente nahmen die Unis nicht vor.

"Viele Wissenschafter haben weniger den Drang, Geld zu machen, als den Drang nach neuem Wissen", erklärt Stockmar. Denn aus wissenschaftlicher Perspektive könne eine Nutzung sogar kontra-produktiv sein. Laut Patentrecht dürfen Forscher vor Erhalt ihres Patents sich über eine Erfindung mit niemandem austauschen. Eine "Klärung des Patentrechts", die zumindest einen gewissen Austausch ermöglicht, ohne dass das Patent gefährdet ist, hält er für sinnvoll. Denn "die Entwicklung einer Idee lebt vom Austausch", sagt der Geschäftsführer der Gesellschaft Education and Research bei Magna - eine Organisationeinheit für das Frank Stronach Institut der TU Graz. Zusätzliche Ideen könnten eine Erfindung verbessern, wodurch sie sich leichter vermarkten ließe, hält er einen Abgesang auf Wissenschaft im Elfenbeinturm.

In der Folge sollten speziell ausgebildete Universitätsmitarbeiter von sich aus an Unternehmen herantreten. "Wenn wir gute Patente aus den Hochschulen auch in Klein- und Mittelbetriebe tragen, werden nicht mehr nur fünf Prozent aller Unternehmen 80 Prozent aller Unternehmensförderungen für die Forschung abholen, sondern mehr."