)
Wissenschaftsminister Töchterle will Forschungsethikgesetz initiieren.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Vor vier Jahren hat Erwin Wagner Österreich verlassen. Der Wissenschafter wechselte vom Institut für Molekulare Pathologie in Wien in ein Krebsforschungszentrum nach Spanien, dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Das war Spanien zumindest damals, und zumindest in der Stammzellenforschung, jenem Gebiet, im dem sich Wagner einen großen Namen gemacht hatte.
Noch ehe Wagner ging, hatte er ein Rechtsgutachten erstellen lassen, um sein Forschungsgebiet auf seine Legalität zu überprüfen. Die Gesetzeslage war völlig unklar. Und genau diese Unklarheit war auch ein Grund dafür, weshalb Österreich einen seiner Spitzenforscher an Spanien verlor.
Grüne pro Ethikgesetz
Seither hat sich gesetzlich nichts geändert, noch immer fehlen in ethisch sensiblen Forschungsbereichen klare gesetzliche Regelungen. "Wir fordern das seit Jahren", sagt etwa Kurt Grünewald, der Wissenschaftssprecher der Grünen. Bundesminister Karlheinz Töchterle will jetzt einen erneuten Versuch für ein Forschungsethikgesetz unternehmen. Die derzeit "zersplitterte Rechtslage" solle zusammengeführt werden, erklärt der Wissenschaftsminister und verweist auf die Schweiz, die im Vorjahr ein solches Gesetz verabschiedet hat. Die Schweiz hat auch bereits die Biomedizin-Konvention des Europarats ratifiziert, Österreich nicht.
Auf die Notwendigkeit eines Forschungsethikgesetzes weist auch Doris Wolfslehner von der Bioethikkommission des Bundeskanzleramts hin. Doch sie sagt: "Für mich ist das ein Déjà-vu." Vor drei Jahren hätte die Kommission eine Empfehlung zur Stammzellenforschung gegeben, "vom damaligen Minister Johannes Hahn kam auch reflexartig die Forderung nach einem Gesetz".
Weltanschaulicher Dissens
Zwar wurde von den Regierungsparteien eine Arbeitsgruppe eingesetzt, allerdings sei diese nur ein einziges Mal zusammengetreten, erzählt Grünewald. Bei grundsätzlichen Ethikfragen in der Präimplantationsdiagnostik (PID), der Genetik und der Stammzellenforschung ist bei den Regierungsparteien SPÖ und ÖVP der Dissens eben mitunter weltanschaulicher Natur. Und das senkt die Chancen auf ein Ethikgesetz, wie Grünewald vermutet. "Aber ich weigere mich, gute Dinge als unrealistisch abzutun."
Der Deutsche Bundestag hatte im Vorjahr PID begrenzt zugelassen, die Abgeordneten waren bei der Entscheidung vom Klubzwang befreit. "Es müsste auch in Österreich zu einem Gewissensentscheid kommen", sagt Grünwald. Für den Forschungsstandpunkt Österreich ist ein Gesetz jedenfalls notwendig. "Gute Rahmenbedingungen - und hierzu zählt auch ein klarer rechtlicher Rahmen - sind für jeden Standort von Vorteil", heißt es aus dem Wissenschaftsministerium.