)
Es ist schwer, ein - im moralischen Sinne - guter Außenpolitiker zu sein. Höchstwahrscheinlich ist es sogar unmöglich. Dazu eine kleine Provokation wider den Zeitgeist: George W. Bush war wahrscheinlich (mit Ausnahme des Laienpredigers Jimmy Carter) derjenige US-Präsident in den letzten Jahrzehnten, der seine Außenpolitik am stärksten an moralischen Zielsetzungen wie der Ausbreitung von Demokratie, Freiheit und Menschenrechten auszurichten versuchte.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Keineswegs nur rhetorisch, durchaus auch realpolitisch - mit allen damit verbundenen desaströsen Folgen, man denke nur an das heutige Chaos im Irak.
Auch sogenannte prowestliche Diktatoren wie Hosni Mubarak in Ägypten oder das saudische Königshaus wurden von der Bush-Administration weit härter von deren aggressiver neokonservativer Demokratisierungsstrategie bedrängt. Auf jeden Fall erheblich intensiver als unter der hierzulande so euphorisch gefeierten Clinton-Ära. Dass diese Bemühungen Bushs völlig erfolglos blieben, ja vielleicht sogar das Gegenteil dessen erreichten, was sie anstrebten, steht auf einem anderen Blatt. Bush hat es immerhin versucht.
Auch Bill Clinton erteilte aus moralischen Gründen den Angriffsbefehl: 1999 bombardierten US-geführte Nato-Kampfbomber ohne UNO-Mandat militärische Ziele im damaligen Ex-Jugoslawien, um die serbische Vertreibungspolitik gegen die Kosovo-Albaner zu stoppen. Manchen Serben gilt Clinton seither als Kriegsverbrecher.
Das Problem mit der Moral in der Politik ist ihr Hang zur Dialektik: Man kann das Gute wollen und so unbeabsichtigt das Böse befeuern; genauso gut kann man sich aber auch mit den bösen Jungs arrangieren und so den Guten helfen. Die heutige Lage im Irak veranschaulicht ersteres, der Erfolg des Helsinki-Prozesses in Europa letzteres. Welche Strategie für welche Situation die richtige ist, erschließt sich leider erst im Nachhinein.
Die einzige Möglichkeit für Politiker, dieser schwierigen Entscheidung zu entgehen, ist, gar keine Strategie zu haben. Wer keinen Plan hat, dem kann man natürlich hinterher auch nicht vorwerfen, er habe die falsche Entscheidung getroffen.