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Nun ist die Katze aus dem Sack: Zypern braucht schon jetzt viel mehr Geld als ursprünglich gedacht. Statt 17,5 sind es nun 23 Milliarden Euro. Dabei sind die ersten Troika-Gelder noch gar nicht ins klamme Nikosia geflossen. Aber keine Sorge: Europas Steuerzahler hat für den sonnenverwöhnten Inselstaat im südöstlichen Mittelmeer nicht einen Cent mehr als schon zugestanden zu berappen. Das Motto aus Brüssel, Berlin und Washington an Nikosia lautet: Zehn Milliarden Euro müssen reichen. Basta. Endlich eine klare Ansage an eine "Steueroase", an ein vermeintliches "Schwarzgeld-Paradies"? Von wegen.
Prompt stellt sich die Frage: Wie konnte es binnen kürzester Zeit zu dem gewaltigen Anstieg des Finanzbedarfs des kleinen Euro-Landes kommen? Hatten nicht erst im November die Troika und der unabhängige private Prüfer Pimco im "allerschlimmsten Zypern-Szenario", so wurde damals allenthalben beteuert, einen Finanzbedarf von maximal gerade 17,5 Milliarden Euro ermittelt? Schon. Seither ist aber eine Menge passiert, was die Zypern-Rettung verteuert hat. Vor allem das: Schon alleine die Gerüchte um die Verhängung einer Zwangsabgabe haben seit Monaten eine einmalige Kapitalflucht aus Zypern ausgelöst. Mehr als fünf Milliarden Euro sollen sich seit November aus dem Staub gemacht haben.
Schlimmer noch: Die von der Eurogruppe vor knapp einem Monat beschlossene Verhängung der Zwangsabgabe für Spareinlagen hat Zyperns Bankensektor den Rest gegeben - mit ungeahnten Kosten. Denn nicht nur die Laiki Bank wird jetzt abgewickelt. Sehr bald dürfte auch die Bank of Cyprus, die die Eurogruppe ja nur verschlanken wollte, in eine äußerst prekäre Finanzlage geraten. Die Spatzen pfeifen es mittlerweile von Nikosias Dächern: Zyperns Bankenprimus droht schon bald das Aus. Dank der so gut gemeinten Troika-Beschlüsse.
Noch etwas macht die Zypern-Rettung schon jetzt kostspieliger als gedacht. Wer glaubhaft machen will, dass Zyperns Wirtschaftleistung in diesem und folgenden Jahr um zusammen bloß 12 Prozent zurückgehen und bereits ab 2015 auf den Wachstumspfad zurückkehren wird, der irrt gewaltig. Denn seit Mitte März haben die bestenfalls dilettantischen Zypern-Retter mit ihrem brachialen Vorgehen die Inselrepublik in eine Dauer-Schockstarre gestürzt. Der Schaden für Zyperns Realwirtschaft ist schon jetzt immens. Fortsetzung folgt. Die Zypern-Krise wird apokalyptische Ausmaße annehmen.
Besorgt möchte man sich fragen: Können die Zyprioten die abrupt in die Höhe geschnellte Eigenbeteiligung für ihre eigene Rettung in einem Volumen von fulminanten 13 Milliarden Euro überhaupt schultern? Obgleich das sagenhafte drei Viertel der jährlichen Wirtschaftsleistung entspricht: Das Geld wird zusammenkommen. Denn den größten Posten macht ohnehin die Zwangsabgabe aus - und gegen die Entrichtung können sich die Sparer nicht wehren.
Schon stellt man sich in Nikosia, Larnaka und Paphos aber die durchaus berechtigte Frage: Was ist das für eine Rettung, wenn die Eigenbeteiligung schon zu Beginn der vermeintlichen Rettungsaktion 60 Prozent des Finanzbedarfs des in Not befindlichen Landes ausmacht? Was folgen wird, ist das Diktat des geizigen Geldgebers an den Nehmer, fortan einen rigorosen Sparkurs mit massiven Steuer- und Abgabeerhöhungen zu verfolgen. Damit wird unweigerlich die Wirtschaftsleistung des pleitebedrohten Kreditnehmers abgewürgt. Griechenland lässt grüßen. Zyperns Geldgeber sollten daher nicht nur in den Augen der angeblich Geretteten nur noch eines sein: Unmoralische Retter.