Deutsche Bundesbank äußert sich skeptisch über geplante Maßnahme für einzelne Länder.
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Im Vorfeld der geplanten Zinserhöhung durch die Europäische Zentralbank (EZB) bahnt sich ein Konflikt an. Um die Inflation in den Euro-Ländern abzufedern, will die Zentralbank den Leitzins zum ersten Mal seit 2011 um 0,25 Prozentpunkte erhöhen und somit von der Nullzinspolitik verabschieden. Diese Ankündigung im Vormonat hatte zur Folge, dass die Renditen bei Staatsanleihen von Euroländern gestiegen sind - jene von stark verschuldeten Mitgliedstaaten wie etwa Italien deutlich mehr als andere. Der EZB-Rat reagierte mit einer Sondersitzung, indem sie ein neues Instrument in Aussicht stellte, das dieses Ungleichgewicht abzufedern und die "Fragmentierung" der Eurozone - sprich das Auseinanderbrechen - verhindern soll.
Der Plan hinter dem neuen Instrument ist unter anderem, dass die Währungshüter einen Teil der Erlöse aus fällig werdenden deutschen, französischen und niederländischen Titeln in ihrem Besitz nutzen, um damit Anleihen der hoch verschuldeten Länder, namentlich Italien, Spanien, Portugal und Griechenland, zu erwerben, berichtete Reuters. Mit den Käufen soll verhindert werden, dass sich die Risikoaufschläge (Spreads) der Anleihen dieser südlichen Euro-Staaten ausweiten, was ihre Finanzierungskosten erhöhen würde.
Deutschland mahnt zu Vorsicht
Kritik kam bisher "nur" von Ökonomen und Banken. Nun äußerte sich auch Joachim Nagel, Präsident der Deutschen Bundesbank, skeptisch zu dem Vorhaben. Es sei fatal, wenn Regierungen davon ausgingen, am Ende stehe die Euro-Notenbank schon bereit, um günstige Finanzierungsbedingungen zu sichern, sagte Nagel zu Wochenbeginn bei einer Finanzveranstaltung in Frankfurt laut Medienberichten. "Entsprechend mahne ich auch zur Vorsicht, mit geldpolitischen Instrumenten Risikoprämien begrenzen zu wollen", sagte er. Es sei in Echtzeit so gut wie unmöglich, sicher festzustellen, ob eine Ausweitung der Renditeabstände (Spreads) fundamental gerechtfertigt sei. Die Notenbank gerate hier schnell in gefährliche Fahrwasser.
Laut Reuters war der Renditeabstand zwischen italienischen Staatstiteln und deutschen Bundesanleihen zeitweise auf über 2,50 Prozentpunkte gestiegen, was der höchste Abstand seit 2020 war.
Die Aussage sei "typische Bundesbank-Rhetorik", sagte die Wiener Ökonomin Lea Steininger. "Es gibt keine Möglichkeit für einen Staatshaushalt, die Staatsverschuldung zu regeln, ohne dass die EZB ausschlaggebend wäre", so Steininger. Investoren reagieren sensibel auf Unsicherheiten, so Steininger. Würde die EZB die Südländer nicht stützen, würden Investoren in die Kernzonenländer wie Deutschland gehen - mit dem Risiko, dass hoch verschuldete Länder Liquiditätsprobleme haben, bis hin zur Insolvenz.
Bedingungslose Hilfe?
Die Ökonomin Heike Lehner sieht das geplante EZB-Instrument kritisch. "Es gibt schon ein Programm, in dessen Rahmen man Staatsanleihen kaufen kann, das ist das OMT-Programm (Outright Monetary Transactions, Anm.), das auch an Bedingungen geknüpft ist. Beim jetzt geplanten Programm werden die Staaten bedingungslos gestützt", sagt Lehner. Laut EZB-Vizechef Luis de Guindos soll das neue Instrument über Sicherheitsmechanismen verfügen, um moralisches Fehlverhalten zu verhindern, sagte er am Montag in Frankfurt. Es sei jedoch kritisch, dass sich die Finanzierungsbedingungen in der Eurozone generell einheitlich entwickelten, wenn die Notenbank ihre geldpolitische Vorgehensweise ändere.