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Unmutig in stürmischen Zeiten

Von Judith Belfkih

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Charismatische Künstlerpersönlichkeiten mit kühnen Visionen, gut vernetzte Programmtüftler oder kühle Zahlenjongleure mit Affinität für Kunst - auch die Bestellung von Spitzenposten in der Kultur unterliegt Moden. Für das Publikum sind unangepasste Visionäre die spannendste Wahl. Und sei es nur als Reibfläche. Kulturpolitiker schlafen meist mit der Wahl der geschickten Zahlenspieler besser. Beides in Kombination ist der seltene Glücksfall. Beides für sich kann scheitern.

Die Bestellung eines neuen Chefs der Bundestheater-Holding ist da ein Spezialfall. Hier kam schon aufgrund der Genese der Ausschreibung nur ein Wirtschafter infrage. Der Finanzskandal des Burgtheaters ließ Georg Springer seinen Sessel räumen. Und führte gar zur Novellierung des Gesetzes zur Organisation der Bundestheater. Zudem ist der künstlerische Gestaltungsfreiraum der Holding mehr als überschaubar. Gesucht wurde definitiv ein Konsolidierer, der die Scherben aufräumt. Und die Kontrollmechanismen so verschärft, dass sich Ähnliches nicht wiederholen möge.

Mit Christian Kircher scheint nun ein Mann gefunden, der auf dem Papier alles mitbringt, was es für diese Aufgabe braucht. Er kommt aus der Wirtschaft, hat auch international Erfahrungen gesammelt. Mit seinem aktuellen Job als Finanzdirektor im Wien Museum kennt er aber auch das heimische Parkett gut genug, um nicht darauf auszurutschen. Eine Entscheidung, die man solide, aber sicher nicht mutig nennen kann. Aber den Mut, ernsthaft zu fragen, ob die Holding an sich noch zeitgemäß ist, den haben alle Beteiligten nicht aufgebracht.