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Unruhen schaden Wirtschaft enorm

Von Regine Bohrn

Politik
Der Suezkanal ist einer der größten Devisenbringer Ägyptens - bisher blieb er von den Unruhen unberührt.Foto: corbis

Experte: Folgen schlimmer als Euro-Schuldenkrise. | Ägypten ist stark von Exporten und Tourismus abhängig. | Kairo/Wien.Bis unmittelbar vor dem Ausbruch der Unruhen wurde Ägypten als aufgehender Stern am Wirtschaftshimmel gesehen - doch wenn die Massenproteste weiter anhalten, könnte damit rasch Schluss sein. Kurt Altmann, Handelsdelegierter in Kairo, bringt es auf den Punkt: "Die ägyptische Regierung hat viele Prioritäten, die wichtigste ist aber: Jobs, Jobs, Jobs." Diese können aber nur durch das Engagement in- und ausländischer Firmen geschaffen werden. "Was jetzt passiert, ist das Gegenteil", so Altmann.


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Abhängig ist Ägypten nicht nur von Investoren, sondern auch vom Tourismus. Dieser trägt laut Altmann zwischen 12 und 15 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei und biete Beschäftigung für zehn Prozent der Erwerbstätigen. Insgesamt bringen Touristen pro Jahr 11 Milliarden US-Dollar (8,1 Milliarden Euro) ins Land. Somit ist dieser Wirtschaftszweig der zweitwichtigste Devisenbringer nach den Exporten.

Ein weiterer Bereich, der durch die Proteste gefährdet sein könnte, ist der Suez kanal - ein Nadelöhr des Welthandels und unerlässlich für den Seeweg zwischen Europa und Asien. Die Wasserstraße sei "schwer zu ersetzen" und eine "erheblich sensible Zone", so Altmann. Der Kanal kann nur jeweils in eine Richtung befahren werden. Ohne Leitung durch das Kontrollzentrum und die Stationen entlang der Strecke kann kein Schiff den Kanal sicher durchfahren. Würden Aufständische die Kanalbehörde einnehmen, könnten sie den Betrieb zum Stillstand bringen.

Wirtschaftskrise hätte massive Folgen

Wie wichtig Ägypten als aufstrebende Wirtschaftsmacht mittlerweile ist, veranschaulichte Jim ONeill, Experte für Schwellenländer bei der US-Investmentbank Goldman Sachs, erst kürzlich beim Weltwirtschaftsforum in Davos: "Eine schwere Wirtschaftskrise in Ägypten wäre weltweit spürbarer als die Schwierigkeiten von Griechenland und Irland."

Wie immer die Unruhen ausgehen, Investoren müssen sich auf harte Zeiten einstellen: Klammert sich Präsident Hosni Mubarak an die Macht, drohen wegen der gestiegenen politischen Risiken auf Wochen, Monate oder Jahre hinaus Kursverluste. Aber auch auf einen Sturz des ägyptischen Machtinhabers könnten Anleger alarmiert reagieren: Denn der Machtwechsel könnte die Furcht vor einer Ausbreitung der Unruhen auf andere autoritär regierte Volkswirtschaften vor allem in der ölreichen Golf-Region schüren. "Die Frage ist nur, ob die Kurse die Talsohle schnell oder langsam erreichen", sagte ein Investment-Stratege. Gegenüber Jahresbeginn hat der Leitindex an der Börse von Kairo mittlerweile mehr als 22 Prozent verloren.

Österreicher in Ägypten

(rb) Ägypten ist für Österreich nach Südafrika der zweitwichtigste Exportmarkt auf dem afrikanischen Kontinent. Rund 700 heimischen Firmen sind laut Wirtschaftskammer (WKO) in Ägypten aktiv, hauptsächlich im Liefer- und Projektgeschäft. Der Feuerwehrausstatter Rosenbauer liefert beispielsweise Teilkomponenten nach Ägypten, hat laut WKO aber keine Mitarbeiter vor Ort. Insgesamt gibt es rund 20 Niederlassungen heimischer Firmen in Ägypten, die zumeist als Joint-Venture zwischen Österreichern und Ägyptern betrieben werden.

Bekannte Unternehmen, die es neben Rosenbauer nach Nordafrika verschlagen hat, sind auch die OMV und die Casinos Austria. Der Mineralölkonzern hat eine Niederlassung in Kairo und hat aufgrund der Unruhen seinen österreichischen Mitarbeiter und dessen Familie vorübergehend nach Österreich zurückgeholt. Die Casinos Austria betreiben je ein Kasino in Kairo und Sharm el-Sheikh. Der Betrieb in Sharm el-Sheikh laufe laut einem Sprecher normal, das Kasino in Kairo wurde geschlossen.