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Der russische Gasgigant Gazprom erlitt 2014 einen Gewinnrückgang von 70 Prozent. Das belastet auch zukünftige Investitionen - Experten zufolge wird der Konzern Prioritäten setzen müssen. Diese liegen klar auf dem Hoffnungsmarkt China.
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Moskau/Wien. Die wegen milder Temperaturen schwache Nachfrage in Europa und ein monatelanger Schuldenstreit mit der Ukraine haben beim russischen Energieriesen Gazprom im vergangenen Jahr zu einem massiven Gewinneinbruch geführt. Unter dem Strich wies der Gas-Weltmarktführer für 2014 nach russischer Rechnungslegung (RAS) einen Rückgang von 70 Prozent auf 189 Milliarden Rubel (rund drei Milliarden Euro) aus. In der Kennzahl seien nicht die Bilanzen der Tochtergesellschaften wie Gazprom Neft enthalten, teilte der Konzern mit.
Der Gewinnrückgang wirft zugleich die Frage auf, wie es um die Investitionspläne des russischen Konzerns steht. Bereits Ende Jänner legte Gazprom den Kapazitäts-Ausbau der Gaspipeline Nord Stream, die Gas von Russland über die Ostsee nach Deutschland und in weitere europäische Länder liefert, auf Eis. Gleichzeitig kündigte der Konzern in den vergangenen Monaten Milliardeninvestitionen in neue Gaspipelines nach China und in die Türkei an.
Für Sergej Pikin, Direktor des russischen Fonds für Energieentwicklung, hat vor allem das Reich der Mitte für Gazprom Priorität. "Die Schlüsselprojekte Gazproms sind die zwei geplanten Pipelines ‚Kraft Sibiriens‘ und ‚Altaj‘." Weiterentwickeln werde sich laut Pikin auch Turkish Stream - wenn auch "nicht sehr stürmisch". Einen Strang mit der Kapazität von 15 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr sehe er als gesichert - für den türkischen Markt. Von einer größeren Variante der Pipeline zu sprechen, mit der auch Südeuropa mit Gas beliefert werden könnte, sei aber noch zu früh, solange die Wirtschaftlichkeit des Projekts ungeklärt ist.
Der prognostizierte Gewinnrückgang Gazproms um das 3,3-Fache verleitet erste Beobachter bereits zu Äußerungen, der Gasgigant wanke. Pikin widerspricht: "Sieht man sich die führenden Energiekonzerne Europas an, so wird man feststellen, dass sie alle im Vorjahr einen Gewinnrückgang verzeichneten, manche sogar Verluste", sagt der Energieexperte. "Die finanziellen Kennzahlen Gazproms sehen weiterhin in Ordnung aus. Ja, der Gewinn ist zwar geschrumpft, aber immerhin wurde ein Gewinn erzielt." Pikin sei auch nicht bekannt, dass Gazprom - im Gegensatz zu anderen russischen Energiekonzernen wie dem Ölförderer Rosneft - um staatliche Finanzhilfen angesucht habe.
Nicht zuletzt rechnet Pikin mit einer Verbesserung der Gas-Beziehungen mit der Ukraine. Das Nachbarland war 2013 der zweitwichtigste Abnehmer von Gazprom, 2014 fielen jedoch aufgrund der politischen Krise Lieferungen monatelang aus. Pikin rechnet mit einer baldigen Einigung über weitere Gaslieferungen an Kiew, nachdem das "Winterpaket" mit 31. März auslief - und einem künftigen Preis von 260-270 Dollar pro tausend Kubikmeter Gas für die Ukraine. Der bisherige in Höhe von 385 Dollar sei wegen des niedrigen Ölpreises und erwartbarer Rabatte nicht mehr realistisch.