Der VfGH hat die Bundespräsidentschafts-Stichwahl aufgehoben. Jetzt gilt es, offen über die Weiterentwicklung unseres Wahlsystems zu diskutieren.
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Wahlen in Österreich werden nach hohen rechtlichen und demokratiepolitischen Standards durchgeführt, die unverhandelbar sind. Das hat der Verfassungsgerichtshof durch sein Erkenntnis vom vergangenen Freitag hinreichend klargemacht. Auch wenn bei der Bundespräsidenten-Stichwahl am 22. Mai kein einziger Fall von Wahlmanipulation festgestellt wurde, so haben die Höchstrichter rasch entschieden, dass die Wahl zu wiederholen ist und das Ergebnis vom 22. Mai aufgehoben. Die festgestellten formalen Unregelmäßigkeiten reichten dem Höchstgericht für diese in der Geschichte der Zweiten Republik einmalige Entscheidung. Nicht erst seit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom vergangenen Freitag gibt es einen politischen Diskurs darüber, wie Wahlen effizienter und sicherer abgehalten werden können und das Ergebnis zeitnah veröffentlicht werden kann. Hierzu gibt es auch konkrete Überlegungen.
Es wäre in dieser Situation aber unzutreffend, die vielen Zehntausenden ehrenamtlichen Wahlbeisitzer und Mitglieder der Wahlkommissionen, die in ganz Österreich gute Arbeit leisten und ohne die die Abhaltung von Wahlen gar nicht erst machbar wäre, jetzt pauschal zu kritisieren. Vielmehr gilt ihnen unser Dank. Es wäre geboten, den Wahlleitern bzw. Wahlbehörden einen höheren Stellenwert einzuräumen, denn nur mit ihnen kann unser auf demokratischen Wahlen basierendes Staatswesen funktionieren. Man sollte daher nicht nur ihr Funktionieren voraussetzen, sie sollten auch die bestmögliche Schulungen bekommen.
Ein zentrales Wählerregister würde daneben eine wichtige Weiterentwicklung darstellen. Denn ein solches Register würde die automationsunterstützte Erstellung von Wählerverzeichnissen ermöglichen und vor allem für eine rasche Abgleichung der Wahlkarten sorgen. Angesichts der stetig steigenden Zahl von Briefwählern und des immer größeren Drucks in Richtung rascher und verlässlicher Ergebnisse wäre es im Sinne unseres Landes und der Wählerinnen und Wähler, die Weichen für ein zentrales Wählerregister bald zu stellen. Bereits im Rahmen des Demokratiepakets 2013 wurde ein diesbezüglicher Entwurf vorgelegt, der damals leider keine ausreichende Unterstützung erhalten hat. Eine gesetzliche Umsetzung erfordert eine Zwei-Drittel-Mehrheit, die eben nur gemeinsam mit der Opposition zu erreichen ist. Es ist daher zu hoffen, dass auch diese an einer konstruktiven Weiterentwicklung unseres Wahlsystems interessiert ist. Für die ÖVP ist dabei klar, dass die Briefwahl - als wichtiges Instrument der politischen Partizipation - außer Diskussion steht.
Nun ist es wichtig, dass alle Beteiligten aus der nicht optimal verlaufenen Bundespräsidenten-Stichwahl die notwendigen Schlüsse ziehen. Den möglichst raschen Termin für die Wahlwiederholung - die Regierung wird dazu heute beim Ministerrat einen Vorschlag machen - werden wir in Kürze im Hauptausschuss des Nationalrats festlegen. Die Entscheidung über den nächsten Bundespräsidenten treffen dann die Österreicherinnen und Österreicher.