Rot-blaue Landesregierung geht gegen Lohndumping aus dem Osten vor.
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Eisenstadt. "Wir wollen 1000 neue Nettojobs jährlich schaffen", verspricht Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl bei seiner Angelobung am Donnerstag. Und davon sollen vor allem Burgenländer im Burgenland profitieren. Die Arbeitsmarktpolitik der neuen rot-blauen Regierung hat dem Lohn- und Sozialdumping den Krieg erklärt.
"Doch auch der internationale Fokus stellt große Herausforderungen dar", steht es etwas vage im Regierungsübereinkommen beider Parteien. Mit "Herausforderungen" ist die Konkurrenz aus dem Ausland gemeint, in Form von slowakischen und ungarischen Arbeitskräften oder ausländischen Betrieben, die ihre Dienste um ein Vielfaches billiger anbieten. Das vereinbarte Ziel lautet "Vollbeschäftigung für Burgenländer".
Tatsächlich ist das Burgenland als Grenzregion mit drei östlichen Nachbarstaaten - Slowakei, Ungarn, Slowenien - von Zuwanderung und billigeren Dienstleistungsangeboten betroffen. Ausschließlich schlecht war das für die Region aber nicht.
Stärkster Zuwachs
Seit 1989 hat sich die Erwerbstätigkeit im Burgenland verdoppelt. Am stärksten gewachsen ist sie ab der ersten EU-Osterweiterung 2004. Allein in den letzten zehn Jahren sind dort laut AMS über 15.000 neue Jobs entstanden. Laut dem Landeshauptmann weist das Burgenland das zweithöchste Bruttoeinkommen pro Kopf auf. Gleichzeitig ist die Arbeitslosigkeit gestiegen. Derzeit liegt sie bei acht Prozent.
Vom massiven Jobzuwachs haben auch ausländische Arbeitnehmer profitiert. Diese haben mehr als die Hälfte der neu geschaffenen Arbeitsplätze bekommen. Von den rund 100.000 unselbständig Erwerbstätigen im Burgenland sind 23.000 Ausländer; 15.000 davon sind Ungarn und 1300 Slowaken.
Ein Spaziergang durch das Stadtzentrum von Eisenstadt zeigt: Kaum eine Eisdiele, Stadtkaffee oder Geschäft ohne ungarische oder slowakische Arbeitskraft, die nach Bedarf mehrsprachig bedient. Dass diese Menschen allen willigen Burgenländern den Job weggenommen haben, ist zu bezweifeln.
"Ausländische Arbeitskräfte und Facharbeiter sind für die burgenländische Wirtschaft wichtig. Und diese Menschen machen vielfach Jobs, die Österreicher nicht machen wollen", sagt Josef Stiglitz von der Wirtschaftskammer Burgenland zur "Wiener Zeitung". Trotz der vielen Arbeitslosen sei es sehr schwierig, für einfache Hilfsjobs überhaupt Österreicher zu finden, weil diese sich nicht dafür bewerben würden.
Ein Dorn im Auge sind der Wirtschaftskammer und auch der Landesregierung ausländische Betriebe, die aufgrund des niedrigen Lohnniveaus im Ausland und nicht geleisteter Sozialabgaben ihre Dienste, etwa im Baugewerbe, viel billiger anbieten können.
Grundsätzlich gilt: Betriebe, die in Österreich wirtschaften, müssen die hiesigen Vorgaben bezüglich Sozialversicherung, Mindestlohn und Arbeitsrecht einhalten. Das werde aber vielfach missachtet, so Stiglitz.
Auf Bundesebene wurde diese Woche ein neues Vergaberecht beschlossen, um Lohn- und Sozialdumping entgegenzuwirken. Bei öffentlichen Ausschreibungen soll künftig nicht der billigste, sondern der beste Anbieter zum Zug kommen. Es wird also berücksichtigt, ob ältere Arbeitnehmer beschäftigt werden, ob Sozial- und Steuerabgaben gezahlt werden und welche Subunternehmer beschäftigt werden. Auch das Land Burgenland setzt künftig auf das Bestbieterprinzip. Außerdem fordert Landeshauptmann Niessl zusätzliche Kontrollen und gemeinsame Aktionen mit der Finanzpolizei an der Grenze und in den Grenzregionen.
Schweizer gegen Dumping
Was den Burgenländern die Ungarn und Slowaken sind, sind den Schweizern die Deutschen und die Österreicher. Im Vorjahr waren 24.000 Österreicher und 207.000 Deutsche in der Schweiz beschäftigt, der Großteil davon in den Grenzregionen. Das bedeutet: Die Gehälter fallen und die Mieten steigen. Schon 2013 hat die schweizerische Regierung im Rahmen der sogenannten Ventilklausel den Zuzug von EU-Bürgern beschränkt. Damit wollte die Schweiz den Druck vom Arbeitsmarkt nehmen.
Nach der massiven Aufwertung des Schweizer Franken im Jänner wurden von Unternehmerseite Stimmen laut, in den Grenzregionen die Löhne für Grenzgänger - zum Beispiel für Vorarlberger, die in der Schweiz arbeiten, aber in Österreich wohnen - in Euro statt in Franken auszuzahlen. Weil diese ja zu Hause niedrigere Lebenshaltungskosten hätten. Der starke Franken drückt die Erträge der Firmen. Mit dem billigeren Euro würden auch die Löhne auf einen Schlag niedriger. Eine solche Regelung verstößt laut Juristen aber gegen das schweizerische Diskriminierungsverbot für ausländische Arbeitskräfte.