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Unsere Schurken...

Von Thomas Schmidinger

Gastkommentare

US-Präsident Barack Obama hat nicht nur die israelische Regierung verärgert, sondern enttäuscht auch Hoffnungen, der Arabische Frühling könnte zu Veränderungen in der US-Nahostpolitik führen.


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Während sich die Rechtsregierung in Israel über die Erwähnung der Grenzen von 1967 als Orientierung für eine Zwei-Staaten-Lösung im israelisch-palästinensischen Konflikt echauffiert und sich damit international weiter isoliert, war Barack Obamas Nahost-Rede vor allem ein Beleg dafür, dass auch der Arabische Frühling nichts an der Politik der USA in der Region ändert. Menschenrechte spielen auch heute nur dann eine Rolle, wenn sie als Argument gegen antiamerikanische Regime verwendet werden können. Bei den Verbündeten wird hingegen weiter vielsagend geschwiegen.

Während Obama die Gewalt in Syrien und Libyen verurteilte, blieb Saudi-Arabien unerwähnt. Saudi-Arabien stellt allerdings nicht nur seit Jahrzehnten eines der repressivsten am radikal-puritanischen wahabitischen Islam orientierten Regime der Region dar, sondern unterstützt derzeit handfest das nicht weniger autoritäre Regime des Königreichs Bahrain bei der blutigen Unterdrückung der dortigen Opposition. Dabei schürt das radikal-sunnitischen Königreich der Saudis sowohl mit der Repression gegen die eigenen Schiiten, als auch mit seiner Intervention in Bahrain auch "konfessionelle" Spannungen zwischen Sunniten und Schiiten in der Region.

Es ist ja schön, wenn Friedensnobelpreisträger Obama festhält, dass die USA die Anwendung von Gewalt und die Unterdrückung der Bevölkerung in der Region ablehnen, nachdem sie die Regime Hosni Mubaraks in Ägypten und Zine Ben Alis in Tunesien jahrzehntelang unterstützt hatten. Obamas Bekenntnis zu "universellen Rechten, zur freien Meinungsäußerung, Versammlungsfreiheit, Religionsfreiheit, Gleichheit von Männern und Frauen vor dem Gesetz und zum Recht, die eigene Führungspersönlichkeit zu wählen", wird jedoch erst glaubwürdig, wenn all diese Dinge nicht nur für "Damaskus, Sanaa oder Teheran" gefordert werden, sondern auch für die saudische Hauptstadt Riyad und die bahrainische Hauptstadt Manama. Die Abhängigkeit vom Öl der repressiven Golf-Monarchien lässt den Präsidenten der USA diesbezüglich jedoch verstummen.

Nur zwei Tage nach Obamas Nahost-Rede berichtete der bekannte Menschenrechtsaktivist Nabil Rajab, der Präsident des Bahrain Centre for Human Rights, dass sein Haus zum zweiten Mal mit Gasbomben angegriffen wurde. In den Todeszellen des Königreiches warten vier zum Tode verurteilte Demonstranten auf ihre Hinrichtung. Und während sich die Welt zu Recht über den Einsatz von Söldnern durch Muammar Gaddafi in Libyen aufregt, wird darüber geschwiegen, dass die Vereinigten Arabischen Emirate gerade Erik D. Prince, den Gründer der privaten US-Militärfirma Blackwater, damit beauftragt haben, eine Söldnertruppe für die Emirate aufzubauen. Auch Obamas Administration hält damit weiterhin an jenen Schurken fest, die sie für "ihre" Schurken hält.

Thomas Schmidinger ist Lektor am Institut für Politikwissenschaft an der Universität Wien und Research Fellow an der University of Minnesota.