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Salzburg will eine neue Strategie bei Frauenhäusern verfolgen. Autonome Vereine, die sie bisher betrieben haben, wittern die Zerschlagung eines guten Systems und Verstaatlichung.
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Seit zwei Jahren regieren die Neos in einer bunten Koalition mit Schwarz und Grün in Salzburg mit. Es ist die erste Regierungsbeteiligung der Pinken. Nun sorgt eine Initiative der für Frauen zuständigen Landesrätin Andrea Klambauer für Wirbel. Und das ist noch zurückhaltend formuliert.
Die Neos-Politikerin will an einem Grundprinzip der Frauenhäuser rütteln. Vielleicht sogar an einem zweiten. Aber dazu später. Klambauer sagt selbst, sie wolle die Frauenhäuser ins "21. Jahrhundert holen". Der Betrieb von zwei bestehenden Einrichtungen in der Stadt Salzburg und in Halleinsoll EU-weit ausgeschrieben werden, und die Neos wollen dabei auch vom Konzept der geheimen Adressen abrücken. Zum Schutz der von familiärer Gewalt betroffenen Frauen unterliegt der Standort der Frauenhäuser bisher einer Geheimhaltung.
Die Neos betonen, die Frauen damit "zurück in die Mitte der Gesellschaft" holen zu wollen und sie somit auch "schrittweise wieder an die Selbstständigkeit" zu gewöhnen, wie es in einer Aussendung heißt. Auch ein im Pinzgau vom Land errichteter Wohntrakt bei einem bereits bestehenden Frauenhaus soll nach dem Konzept gestaltet werden. Im Büro der Landesrätin verweist man auf entsprechende Modelle in den Niederlanden und Deutschland.
Das Konzept offener Frauenhäuser ist jedoch auch dort noch sehr jung, wie Heike Herold, die Geschäftsführerin der Frauenhauskoordinierung e.V., erzählt. Der Verein ist einer von zwei Dachverbänden für Frauenhäuser in Deutschland. Laut Herold gibt es bisher nur zwei offene Häuser. Sie seien eine "sinnvolle Ergänzung", sagt sie, "aber die offenen Konzepte haben nicht so einen hohen Sicherheitsstandard."
Die in den 1980ern in Österreich und auch Deutschland gegründeten Frauenhäuser waren primär Schutzeinrichtung, ein Asyl für von Gewalt betroffenen Frauen, auch wenn heute in diesen Einrichtungen natürlich soziale Arbeit durch interdisziplinäre Teams geleistet wird. Organisiert waren die Frauenhäuser durch autonome Vereine, teilweise sind sie es nach wie vor. Auch jene in Hallein und Salzburg. Es war die Zivilgesellschaft, die das Angebot der Frauenhäuser geschaffen hat, nicht der Staat. Dieser sorgte dann für die Finanzierung. Auch das war ein Grundprinzip.
Netzwerke müssenneu aufgebaut werden
Bei den Betreiberinnen der Frauenhäuser ist die Verunsicherung groß. Maria Rösslhumer vom Verein "Autonome Österreichische Frauenhäuser" übt Kritik an Klambauer. Sie vermutet, dass die Neos mehr politischen Einfluss auf die bisher autonomen Vereine üben wollen, quasi eine Verstaatlichung, auch wenn der Betrieb via Ausschreibung an private Träger delegiert wird. Die autonomen Vereine hätten kaum Kapazitäten, sich an den Ausschreibungen zu beteiligen. "Klambauer ignoriert Expertinnenwissen. Frauenhäuser sind kein altes Modell", sagt Rösslhumer. Man sei aber nicht dagegen, das bestehende Angebot zu erweitern. Auch in Graz wurde vor einigen Jahren ein offenes Haus errichtet. Doch es ist eine andere Form, die näher einer Beratungseinrichtung liegt.
Das Konzept von geheimen Adressen ist allerdings nur mehr eingeschränkt aufrecht zu erhalten. "Wir wissen, dass Männer mit hoher Motivation an jede Adresse kommen", sagt Herold von der Frauenhauskoordinierung. "Aber das betrifft nur einen kleinen Teil der Fälle. Für viele Täter ist es dennoch eine Abschreckung." Im Büro von Landesrätin Klambauer verweist man darauf, dass es bei Hochrisikofällen nach wie vor geheime Schutzeinrichtungen geben werde. Man werde nicht sparen, sondern eben ein neues Konzept verfolgen. Durch eine zweistufige Ausschreibung sei die Qualität der Betreuung gewährleistet.
Dass der Betrieb von Frauenhäusern ausgeschrieben wird, irritiert auch Heike Herold des deutschen Dachverbandes Frauenhauskoordinierung e.V. "Wir sind bis auf ein zwei Fälle bisher davon verschont geblieben", sagt sie. "Und es ist kein Vorteil." Entscheidend sei die Einbindung in Netzwerke, also mit anderen Frauenhäusern, mit der Polizei, Jugendämtern und so weiter. Wechselten alle paar Jahre die Betreiber, müssten diese sich die Netzwerke neu aufbauen. "Das bringt wirklich nichts", sagt Herold.