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Polens Staatspräsident Andrzej Duda unterzeichnet umstrittenes Mediengesetz.
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Warschau. Die Appelle von Menschenrechtsorganisationen und Journalistenverbänden fruchteten nicht. Polens Staatspräsident Andrzej Duda unterschrieb ein umstrittenes Mediengesetz, das schon im Vorfeld auch über die Grenzen des Landes hinweg für Kritik gesorgt hat. Die Regelungen weiten die Kontrolle der Regierung über öffentlich-rechtliche Fernseh- und Radiosender erheblich aus: Deren Führungsmitglieder sollen künftig vom Leiter des Ministeriums für Staatsvermögen ernannt und abgesetzt werden dürfen. Das Ressort ist unter anderem für Postenbesetzungen in bestimmten Bereichen des öffentlichen Dienstes zuständig.
Das Mitbestimmungsrecht des Rundfunkrats KRRiT fällt weg, ebenso die Fixierung der Amtszeit der Aufsichtsräte auf drei Jahre. Daher können die Verträge der bisherigen Funktionäre ungültig werden, sobald das Gesetz in Kraft tritt.
Schon als das polnische Parlament zum Jahreswechsel den Entwurf gebilligt hatte, hagelte es Proteste. Von einem "schwarzen Tag" für die Medien im vergangenen Vierteljahrhundert sprach etwa KRRiT-Mitglied Krzysztof Luft. Die Helsinki-Stiftung für Menschenrechte warnte, das Vorhaben könne die Möglichkeiten der politischen Einflussnahme wesentlich vergrößern und damit die Meinungsfreiheit einschränken. Der Pluralismus der öffentlichen Medien wäre in Gefahr. Der Europarat in Straßburg forderte Präsident Duda dazu auf, das Projekt nicht zu unterzeichnen.
Doch das Staatsoberhaupt ließ sich nicht abhalten. Die Regierung von Premierministerin Beata Szydlo von der nationalkonservativen Fraktion PiS (Recht und Gerechtigkeit) gibt seit dem Wahlsieg der von Jaroslaw Kaczynski geführten Partei Ende Oktober ein rasantes Tempo vor - und Duda, selbst aus den PiS-Reihen kommend, hält Schritt. In Eilverfahren werden neue Mitglieder des Verfassungsgerichts bestimmt und angelobt, Reformen im Bildungswesen - wie die Einführung der Schulpflicht ab einem Alter von sechs und nicht erst sieben Jahren - rückgängig gemacht oder eben die staatlichen Medien verstärkt unter Kontrolle gebracht.
Es gehe um eine "gute Änderung" für den Staat, betont Premier Szydlo. Nichts Schlechtes kann auch Duda in den neuen Regelungen entdecken. Das Mediengesetz solle vielmehr einen Beitrag zur Glaubwürdigkeit, Ehrlichkeit und Ausgewogenheit des Rundfunks leisten, ließ er verlauten.
Rechtsstaat auf dem Prüfstand
Etliche Journalisten sehen das anders und haben bereits ihren Rücktritt bekanntgegeben. Eine der Ersten war zu Jahresanfang Katarzyna Janowska, die den Fernsehkanal TVP Kultura leitete. Und der Erste Radiosender brachte seinen Protest zum Ausdruck, indem er stündlich die Hymne Polens spielte, abwechselnd mit jener der Europäischen Union.
Die Gemeinschaft hat ihre Bedenken schon geäußert. Kommende Woche will sich die EU-Kommission damit befassen; ein Verfahren zur Klärung des Grades der Rechtsstaatlichkeit soll eingeleitet werden. Dennoch will Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker den Konflikt mit dem Mitgliedsland nicht "überdramatisiert" sehen. Strafen für Warschau sind unwahrscheinlich.