Stimmung innerhalb der Partei soll zum Zerreißen gespannt sein.
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Wien. Eine große Überraschung war es scheinbar nicht. Der "News"-Bericht über die geheime Facebook-Gruppe, in der FPÖ-nahe Personen (teils bis in die hohe Funktionärsebene hinein) rassistische Kommentare gepostet haben sollen, wurde in den sozialen Netzwerken fleißig geteilt. Und meist mit Kommentaren versehen, die davon zeugten, dass man es ohnehin gewusst habe.
Das Ausmaß der Postings hatte eine spezielle Qualität: "Mord- und Gewaltfantasien in dieser Deutlichkeit waren mir neu", sagt Andreas Peham vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands. Derartige Anwürfe kenne man nur von der Neonazi-Website "alpen-donau.info". Peham geht sogar noch weiter: "Wer jetzt noch immer am rechtsextremen Charakter der FPÖ zweifelt, der macht sich schon fast der Verharmlosung schuldig." Harmlos waren die Postings auf der geschlossenen und geheimen Facebook-Gruppe "Wir stehen zur FPÖ!" nicht: "Der ganze Muslime-Scheißhaufen gehört mit Benzin übergossen und angezündet", hieß es da. Auch gegen Politiker anderer Couleurs wurde gewettert: Der Grüne Karl Öllinger war ebenso Ziel von Verbalattacken wie Kanzler Werner Faymann oder Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz. FPÖ-Chef-Stellvertreter Johann Gudenus war Mitglied der Gruppe, trat aber aus, als "News" ihn auf die Postings hinwies. Peham will aber nicht so recht glauben, dass man unwissentlich in einer Gruppe mit einer handverlesenen Mitgliederzahl von nur 150 Personen sein kann. Auch gebe es Nachweise dafür, dass Mandatsträger manche Postings gelesen hätten.
Die Empörung war jedenfalls groß: Willi Mernyi, Vorsitzender des Mauthausenkomitees, forderte den Rücktritt von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Ähnlich der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch: Er forderte Strache auf, sich umgehend von den "Kellernazis" zu trennen oder zurückzutreten.
Strache selbst äußerte sich über Facebook: Der "Skandal" könnte "eine zwischen diversen Medien und den Parteisekretariaten unserer Mitbewerber abgesprochene Aktion gewesen sein", vermutet er. Ganz so locker dürfte die Parteibasis die Causa nicht sehen - im Gegenteil: Dem Vernehmen nach ist die Stimmung zum Zerreißen gespannt. Dazu passt auch eine Reaktion aus dem Büro von Barbara Kappel. Die Wiener Landtagsabgeordnete und freiheitliche Wirtschaftstreibende gilt als Straches liberaler Kontakt zur Wirtschaft. Sie selbst gab auf Anfrage keine Stellungnahme ab, ihre Sekretärin meinte lediglich barsch: "Frau Doktor Kappel ist selbst nicht auf Facebook und hat mit solchen Sachen nichts zu tun." Ähnlich die Reaktion von Petra Steger. Die 26-jährige Tochter des 1986 von Jörg Haider gestürzten Parteichefs Norbert Steger kandidiert auf Platz zehn der Wiener Landesliste und hat bereits in einigen Interviews erklärt, dass die FPÖ völlig zu Unrecht im "rechten Eck" stünde. Darauf angesprochen wollte sich Steger nicht recht äußern. Solche Fragen beantworte normalerweise der Generalsekretär, meinte sie.
Tatbestand der Verhetzung
Die Website könnte nicht nur politische, sondern auch strafrechtliche Folgen nach sich ziehen. Denn nach einem Erlass des Justizministeriums gelten bereits Gruppen ab 150 Personen als "breite Öffentlichkeit". Trotz des geschlossenen Charakters der Gruppe kommt also der Verhetzungsparagraf des Strafgesetzbuchs (§ 283) voll zum Tragen: Demnach ist mit Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren unter anderem zu bestrafen, wer für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar zu Gewalt gegen eine Religionsgesellschaft auffordert. Der Wunsch, Muslime anzuzünden, lässt hier wohl kaum Interpretationsspielraum zu. Daneben kommen auch die Tatbestände der üblen Nachrede und Beschimpfung zur Anwendung, erklärt der Medienanwalt Peter Zöchbauer - und diese wiederum sind Anspruchsgrundlagen nach dem Mediengesetz. Die beschimpften Politiker könnten sich also an den Postern schadlos halten.