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Wiener Gemeindeärzte auf neues Arbeitszeitgesetz geeinigt - andere Bundesländer fürchten den März.
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Wien. Mehr Gehalt und flexiblere Arbeitszeiten. Darauf haben sich die Gemeinde Wien und die Spitäler des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV) am Donnerstag geeinigt. 19,9 Millionen stellt die Stadt zusätzlich zur Verfügung. Moderne Arbeitsbedingungen sollen dadurch erreicht werden, erklärt Gesundheitsrätin Sonja Wehsely (SPÖ).
Knackpunkt ist die seit Jahresbeginn wirkende Arbeitszeitregelung. Spitalsärzte dürfen in einem Durchrechnungszeitraum von 17 Wochen nur noch 48 statt 60 Stunden pro Woche arbeiten. Die Maximalarbeitszeit, die nicht überschritten werden darf, verringert sich von 72 auf 60 Stunden. Außer ein Arzt unterschreibt freiwillig eine Einverständniserklärung (Opt-Out). Dann darf er länger arbeiten. Diese Übergangsfrist endet allerdings 2021.
Durch die Regelung verlieren die Ärzte Nachtdienste und Überstunden, damit ein Drittel ihres Einkommens. Die Ärztekammer macht darum für eine Erhöhung der Grundgehälter mobil. In der Steiermark und in Salzburg kam man diesem Wunsch bereits im vergangenen Jahr nach. Die steirische Landesregierung erhöhte die Grundgehälter um zehn bis 18 Prozent und nimmt dafür im kommenden Jahr Mehrkosten von 28 Millionen Euro in Kauf. In Salzburg wurden die Grundgehälter um durchschnittlich 1200 Euro angehoben und der Dienstgeber stellt 13,8 Millionen Euro zur Verfügung.
In Vorarlberg, Tirol. Wien und dem Burgenland gibt es immerhin Übergangsvereinbarungen. Damit wollen die Verhandlungspartner Zeit gewinnen, um zu einer endgültigen Lösung zu kommen. Die Zeit hat man aber nicht.
Längere Wartezeiten bei geplanten Operationen
Denn bei den Verhandlungen geht es freilich nicht nur um Geld. Die Patientenversorgung leidet unter dem Gesetz, da weniger Ärzte zur Verfügung stehen.
In Kärnten, Oberösterreich, Tirol, dem Burgenland und im Wiener AKH kommt es zu längeren Wartezeiten bei Operationen und in den Ambulanzen. Zehn bis 15 Prozent weniger Eingriffe wären in Wien möglich, heißt es aus der Ärztekammer. Akutfälle werden aber weiterhin behandelt. Der Vorarlberger Ärztekammer sind keine Verzögerungen bekannt. In der Steiermark, Salzburg und Niederösterreich ist das Arbeitszeitgesetz zwar eine Herausforderung, zu Verzögerungen kommt es aber nicht. Dort sucht man händeringend nach Fachärzten. In der Steiermark sind etwa 150 Stellen ausgeschrieben.
Insbesondere in den Ländern ohne Einigung ist der Monat Mai dick markiert. Bis dahin muss eine Lösung her, sagen Ärztevertreter. Wegen des Durchrechnungszeitraums von 17 Wochen ist für viele der Spitalsbetrieb dann kaum mehr möglich.
"Länder haben das Gesetz zurückgehalten"
Was in der Debatte gerne untergeht: Die Arbeitszeitregelung kam nicht unangekündigt. Österreich folgt mit der Umsetzung einer EU-Richtlinie von 2003. Hierzulande wurde sie mit elfjähriger Verspätung umgesetzt. Nur Niederösterreich hat im Jahr 2012 ein entsprechendes Gesetz beschlossen. Dort werden die 48 Stunden sogar unterschritten.
Eiko Meister, Oberarzt an der Universitätsklinik Graz für Innere Medizin, ortet ein Versäumnis der Länder. "Sie haben das Gesetz bewusst zurückgehalten", sagt er. "Eine Arbeitszeitverkürzung bedeutet, dass mehr Personal gebraucht wird. Es ist eine reine Kostenfrage." Hätte Österreich im September des vergangenen Jahres die Novelle nicht beschlossen, wären hohe EU-Strafzahlungen für Österreich fällig geworden. "Sonst wäre nichts passiert."
Gehaltserhöhung für Turnusärzte
Passiert ist etwas bei den Wiener Gemeindespitälern. Turnusärzte werden mit 1. Juli 3400 Euro bis 4000 Euro brutto monatlich verdienen, ein Plus von 25 bis 29 Prozent. Fünf Tage Prüfungsurlaub gibt es oben drauf. Damit möchte man der Ärzteabwanderung entgegenwirken. Nur sechs von 10 Absolventen beginnen in Österreich als Arzt zu arbeiten.
Die Bezahlung der Fachärzte soll bis Anfang 2017 zwischen 5200 Euro und 7900 Euro liegen. Ein Schema für Allgemeinmediziner wird noch ausgearbeitet.
Aber auch am Dienstplan soll sich einiges ändern: Bisher begann der Nachtdienst in KAV-Spitälern um 13.00 Uhr. Nun soll die Tagesarbeitszeit von 7.00 Uhr bis 19.00 Uhr gehen. Dann erst beginnt der Nachtdienst, der um ein Drittel reduziert wird. Laut dem Präsidenten der Wiener Ärztekammer, Thomas Szekeres, werden künftig mehr Patienten in den Nachmittagsstunden versorgt. Der Personalbedarf wird sinken, fügt er hinzu. Aus den Umschichtungen sollen 47 Millionen Euro frei werden. Bis März soll das Modell im Wiener Landtag beschlossen werden.
Nicht abgeschlossen sind die Gespräche in den Ordensspitälern, dem Hanusch-Krankenhaus und dem Wiener AKH, das als Universitätsklinik mit dem Wissenschaftsministerium verhandelt. Für die AKH-Ärzte gehen die Gespräche am Montag weiter.
Verschoben wurde die Einigung am Donnerstag in Oberösterreich. Viele Ärzte sind mit der Entscheidung, Gehaltserhöhungen und gleichzeitig starke Einschnitte bei Ambulanz und Sondergebühren, unzufrieden. In den Abendstunden wurde noch weiterverhandelt. In Kärnten lässt Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) ein Gehaltsschema ausarbeiten, das ohne Zustimmung der Ärztevertreter umgesetzt wird.