Zwölf Filme geben teils kritische Einblicke in kurdische Lebenswelten.
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Wien. Um den Verlust der eigenen Freiheit - etwa durch Verheiratung als minderjähriges Mädchen oder Repressionen im Krieg - kreisen heuer die "Kurdischen Filmtage". Die Bevölkerung soll Einblick in Gesellschaft, Vergangenheit und Wunden der kurdischen Mitbürger bekommen, betont Jean Kepez, Organisator der Filmtage.
Leidtragende in den Filmen seien aber nicht nur Kurden, sondern auch Türken oder Iraker: "Viele Problemfelder betreffen Kurden und Türken gleich stark", unterstreicht Kepez. Beispielsweise könne man als Homosexueller in der Türkei keinen Militärdienst leisten, obwohl homosexuelle Beziehungen in der Türkei legal sind. Die Untauglichkeit müsse aber erstmals bewiesen werden. Die Dokumentation "Cürük - The Pink Report" nimmt sich des Themas an. Regisseurin Ulrike Böhnisch lässt vier schwule Männer zu Wort kommen, die zum Beweis ihrer sexuellen Orientierung Gaypornos ansehen und intime Fotos zeigen und abgeben mussten. Kepez verweist gegenüber der "Wiener Zeitung" auf einen Artikel der "New York Times", demzufolge das türkische Militär die weltweit größte Sammlung an Gaypornos besitzt. Wer durch solche Belege das Militär "überzeugt" hat, bekommt ein rosa Zertifikat, das die Untauglichkeit bestätigt. "Cürük - The Pink Report" befasst sich auch mit dem schwierigen Begriff "Männlichkeit" in der Türkei.
Ein weiteres Problemfeld ist die Verheiratung von minderjährigen Mädchen, mit der sich die Dokumentation "Evcilik" befasst. Etwa die Hälfte der Hochzeiten in der Türkei seien noch immer frühe Verheiratungen. Wie vier Frauen mit dem erlebten Zwang der unselbständigen Heirat im Mädchenalter leben müssen, zeigt der Film. Mit solchen Beiträgen wird auch die kurdische Community kritisiert, unterstreicht Kepez.
Auch Fokus auf Aleviten
Der in der Türkei ausgezeichnete Eröffnungsfilm "Babamin Sesi" ("Die Stimme meines Vaters") zeichnet die kurdisch/alevitische Tragödie zur Zeit des türkischen Militärputsches 1980 nach. Die verhältnismäßig große kurdisch/alevitische Diaspora in Wien war ausschlaggebend dafür, den Film zweimal zu zeigen. Mehr als die Hälfte der österreichischen Kurden seien Anhänger der alevitischen Glaubensgemeinschaft, sagt Kepez. Österreich ist zudem der erste Staat weltweit, der das Alevitentum als Religionsgemeinschaft gesetzlich anerkannt hat. In anderen Ländern können sich Aleviten höchstens in Vereinen organisieren.
Die Entwicklungen in der Türkei der letzten Jahre haben sich für Kurden und andere Minderheiten sowohl verbessert, als auch verschlechtert, findet Kepez. Einerseits darf man nun andere Sprachen als Türkisch in der Wahlwerbung verwenden, ein, zwei Universitäten haben ein Kurdologie-Studium, an Volks- und Hauptschulen wird Kurdisch als Wahlfach unterrichtet. Andererseits werde die Pressefreiheit weiter eingeschränkt. Wegen des Terrorparagraphen säßen 10.000 Personen in Haft, darunter viele Bürgermeister, Anwälte und sechs gewählte Parlamentarier. 90 Prozent davon seien Kurden. Auch die militärischen Mittel würden stärker als noch vor zehn Jahren eingesetzt, der Polizeistaat sei ebenfalls präsenter. Von der gerade im Werden begriffenen neuen türkischen Verfassung erwartet sich Kepez nicht viel.
Einige Regisseure werden anwesend sein, um sich mit dem Publikum auszutauschen. Dass die kurdischen Filmtage eine Woche nach den türkischen stattfinden, ist "ein netter Zufall", so Kepez.
Das Kurdische Kino ist seit zirka zehn Jahren aktiv. Der Markt für kurdische Filme in der Türkei, aber auch in den kurdischen Gebieten des Nord-Irak, sei lebendiger denn je, erzählt Jean Kepez. Durch den kurdischen Autonomiestatus im Irak "haben kurdische Regisseure Möglichkeiten, die sie bis dato nicht hatten. Dadurch entwickelt sich das kurdische Kino derzeit sehr schnell."
Die Kurdischen Filmtage finden seit 1999 alle zwei Jahre statt. Sie sind Österreichs einziges Festival für kurdische Filme. Heuer gibt es einen bunten Mix aus Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilmen, preisgekrönte wie weniger bekannte Filme stehen auf dem Programm. "Kino verbindet", ist Kepez überzeugt, "Gefühle werden angesprochen, die jeden auf der Welt betreffen." Die "Wiener Zeitung" weiht er in seine Pläne ein: Am liebsten wären ihm "Orientfilmtage", gemeinsam mit Israelis, Palästinensern, Persern, Türken und Kurden.
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