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Man weiß nicht, was schlimmer ist: dass die Bürger nicht mehr an Politik glauben oder die Politiker nicht mehr an die Zukunft.
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Mit Utopien von einer besseren Welt konnte man gestandene Konservative bisher eher nicht locken. Die sind in der Regel schon vollauf zufrieden, wenn sich die Dinge nicht noch schlechter entwickeln, als sie es in ihrer subjektiven Wahrnehmung jetzt schon tun. Ein pragmatischer Pessimist, zumindest aber ein pessimistischer Pragmatiker: Das ist das Holz, aus dem in Europa gestandene Konservative sind. Daran hat auch ein ordentlicher Schuss an christlicher Heilserwartung, wie er in den bürgerlichen Parteien mit einem großen C erfolgte, allenfalls vorübergehend etwas zu ändern vermocht. (In den USA ist das wieder eine andere Sache, da gehört der Glaube an die eigene Mission zur politischen DNA des gesamten Landes.)
Wer, in politischer Hinsicht jedenfalls, nach einer optimistischen Perspektive im Diesseits suchte, war deshalb die längste Zeit der Geschichte auf der linken Seite besser aufgehoben. Und auch wenn sich im Nachhinein der eine oder andere Weg als Sackgasse herausgestellt hat, diese Hoffnung hat man hier nie aufgeben wollen: dass es irgendwo diese oder jene Abzweigung in eine bessere Zukunft doch schließlich geben müsse.
Von einer solchen ganz grundsätzlichen Zuversicht in die unmittelbare Zukunft ist die Politik heute weiter entfernt denn je. In Österreich ist diese Fraktion gegenwärtig nicht einmal mehr im Nationalrat vertreten. Der Opposition kann man einen Hang zur Schwarzmalerei schwerlich ankreiden, ihre politische Existenzberechtigung liegt darin, den Ist-Zustand samt Taten der Regierung skeptisch unter die Lupe zu nehmen. Es ist der Job der Regierungsfraktionen, das eigene Tun und Lassen in ein rosiges Licht zu stellen. Schließlich soll Regieren nach einem Diktum des Wiener Verfassungsrechtlers Manfried Welan geradezu zwangsläufig optimistisch machen. Sieht man sich SPÖ und ÖVP derzeit so an, ist den beiden Langzeitregierungsparteien mittlerweile sogar diese Grundeigenschaft jeder Exekutive abhanden gekommen.
Bleibt die Frage nach dem Warum. Wie konnte es so weit kommen, dass nur noch der Wahlen zu gewinnen vermag, der die Zukunft in düstersten Farben skizziert? Wohin man blickt, droht die Katastrophe: an der Pensionsfront, durch TTIP, wegen der Kostenexplosion bei der Mindestsicherung, dem Terror, der Austerität, dem Klimawandel, der Bildungskatastrophe und Big Data - und aufgrund der Flüchtlingskrise natürlich sowieso. Und anders als mit der Drohung vor dem Ende Europas lässt sich die EU offensichtlich auch nicht mehr retten.
In den USA leistete, bisher zumindest, das Mehrheitswahlrecht verlässliche Schützenhilfe gegen die Untergangsfetischisten. Ob das auch für das Phänomen Donald Trump noch gilt, wird der weitere Verlauf des heurigen Jahres zeigen. Österreich kennt keine solchen institutionellen Sicherheitsnetze. Umso drängender stellt sich die Frage, wer in diesem Land ein bisschen Zuversicht verbreiten könnte.