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Belgrad/Bukarest. Das monatelange Katz- und Maus-Spiel zwischen Tsvetan Vassilev, dem zunächst in Wien untergetauchten Mehrheitseigner der Korporativna Targovska Banka (KTB), und den bulgarischen Behörden geht in eine neue Phase. Diese Woche stellte sich Vassilev in Belgrad der Polizei. Diese ließ ihn gegen die Auflage, sich täglich zu melden, wieder auf freien Fuß. Dem von Interpol zur Fahndung ausgeschriebenen Banker wird vorgeworfen, der KTB von Ende 2011 bis Juni 2014 rund 105 Millionen Euro entzogen zu haben. Er soll das Kreditinstitut als Geldquelle für seine persönliche Expansion in unterschiedlichste Wirtschaftsbranchen wie Medien, Telekommunikation und Energie genutzt haben.
Anfang Juni 2014 war Tsvetan Vassilev nach Wien gereist, am 21. Juni 2014 stellte die Bulgarische Nationalbank seine KTB unter ihre Aufsicht. Seitdem weigerte sich Vassilev, nach Bulgarien zurückzukehren, angeblich aus Angst um sein Leben. Vassilevs Anwalt Konstantin Simeonov erklärte nun, sein Mandant habe sich gestellt, weil es neue Informationen gebe, dass er ermordet werden solle. "Es gibt Hinweise darauf, dass seine Eliminierung beauftragt worden ist", sagte Simeonov. Während seiner Abwesenheit meldete sich Tsvetan Vassilev mehrfach via online verbreiteter Offener Briefe mit Vorschlägen zur Rettung seines angeschlagenen Kreditinstituts zu Wort. Außer ihm gehören ein staatlicher Fonds aus Oman und die russische VTB-Group zu den KTB-Großaktionären. In ihrem Auftrag möchte sich nun die in Wien ansässige European Privatization and Investment Corporation (Epic) für eine Rettung der KTB engagieren. "Wir werden uns mit den Vertretern von Epic treffen und uns mit ihren Absichten bekanntmachen", hat Rumen Poroschanov, Finanzminister der in Bulgarien amtierenden Übergangsregierung, Gesprächsbereitschaft signalisiert.
Kein Zugriff mehr auf Einlagen
Seit knapp drei Monaten haben KTB-Anleger keinen Zugriff mehr auf ihre Einlagen. Nicht nur Privatkunden, sondern auch viele Unternehmen und Kommunen sehen sich in finanzieller Verlegenheit. Anfang dieser Woche wurde die Frist für die angestrebte Öffnung der Bank erneut verschoben, diesmal auf den 20. November. Betroffene Anleger haben bereits mehrfach vor dem Gebäude der Nationalbank für die sofortige Auszahlung ihrer Ersparnisse demonstriert. Ihr Protest dürfte sich bis zu den vorgezogenen Parlamentswahlen am 5. Oktober 2014 noch radikalisieren. Ob die KTB zu retten ist oder ihr die Lizenz entzogen werden muss, wird in Bulgarien kontrovers debattiert. Kleinanleger könnten sich von einem Lizenzentzug eine schnellere Auszahlung ihrer bis zu einer Höhe von 100.000 Euro staatlich garantierten Einlagen erhoffen. Kommunen, Firmen und reiche Privatpersonen mit höheren Einlagen müssen dagegen auf eine Gesundung der Bank hoffen, um kein Geld zu verlieren.