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Unterhaltsame Chimären

Von Petra Rathmanner

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Emotionen, Entrüstungen, Entlarvungen: Die Verleihungen des Nestroy-Theaterpreises hatten bereits einiges zu bieten.

Kritische politische Kommentare von André Heller und Andrea Eckert führten 2002 beispielsweise dazu, dass im darauffolgenden Jahr die Gala zeitversetzt im ORF ausgestrahlt wurde. Die Ehrung für Hans Gratzers Lebenswerk anno 2004 wies, um im Bild zu bleiben, ebenfalls eine schiefe Optik auf: Die Theatergemeinde bedachte den von seiner Krankheit bereits schwer gezeichneten Theatermacher mit minutenlangen Standing Ovations. Wenige Monate zuvor war er während seiner Kurzzeitdirektion am Theater in der Josefstadt von den kulturpolitisch Verantwortlichen noch wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen worden. Was würde wohl Johann Nestroy sagen? "Der Mensch ist gut, die Leut’ sind schlecht."

2009 reiste schließlich der an Krebs erkrankte Christoph Schlingensief persönlich zur Preisverleihung an. Schlingensief war als Regisseur für "Mea culpa" nominiert - und ging leer aus. Eine zweite Chance bekam er nicht mehr, im August 2010 ist der Theatermann verstorben. Jury-Entscheidungen sind bisweilen schwer nachvollziehbar.

Eigentümlichkeiten dieser Art hatte die heurige Nestroy-Gala nicht zu bieten. Einzig Peter Turrini wärmte in seiner Dankesrede eine Debatte auf, die so alt ist wie das Theater selbst: Der Dichter grollte gegen jene Praxis, bei der Autorentexte von Regisseuren und Dramaturgen für die Bühne bearbeitet werden. Wie würde Nestroys Kommentar lauten? "Ist alles Chimäre, aber mich unterhalt’s!"