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Unterhaltsansprüche werden EU-weit rasch durchsetzbar

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Wirtschaft
Das Unterhalts-Gesetz soll Kindern und Erwachsenen zu ihrem Recht verhelfen. Foto: bb

Titel aus einem EU-Land soll überall gleich gelten. | Grenzüberschreitende Scheidung gescheitert. | Luxemburg/Brüssel. Die Beratungen für die leichtere grenzüberschreitende Vollstreckung von Unterhaltsansprüchen sind auf gutem Weg. Gemeinsame Regeln für das anwendbare Recht bei grenzüberschreitenden Scheidungen für die gesamte EU sind dagegen endgültig gescheitert. Das kristallisierte sich beim Treffen der EU-Justizminister am Freitag heraus.


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Vereinbart wurde, dass Unterhaltsansprüche aus einem EU-Land in der ganzen Union rasch und unkompliziert vollstreckt werden können. Dafür soll das sogenannte Exequatur-Verfahren ausgeschalten werden, das bisher bei Unterhaltsbescheiden aus dem EU-Ausland eine Anerkennungs- und Vollstreckungserklärung von einem heimischen Gericht erfordert. In diesem Verfahrensschritt hat der Schuldner auch die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen, was künftig so gut wie unmöglich sein soll.

Das geplante EU-Gesetz soll Kinder und Erwachsenen zu ihrem Recht verhelfen, auch eingetragene Partnerschaften sind eingeschlossen. Als Gerichtsstand gilt grundsätzlich der Wohnort des Unterhaltsgläubigers. Weitgehend gilt das auch für das anzuwendende Recht. Ausnahme: Der ehemalige Lebenspartner darf aber nicht extra in ein Land ziehen, nach dessen Recht er Anspruch auf Unterhalt hätte, wenn vorher keiner von beiden dort gelebt hat.

Justizministerin Maria Berger ist zuversichtlich, dass die Verordnung beim nächsten Ministerrat Ende Juli endgültig beschlossen werden kann.

Ein EU-Gesetz für die Auswahl von Gerichtsstand und Recht für grenzüberschreitende Scheidungen wird es dagegen bis auf weiteres nicht geben. Bereits mehr als 20 Prozent Eheauflösungen sind davon betroffen. So sollten sich die Ehepartner nach letztem Verhandlungsstand das anzuwendende Recht und den Gerichtsstand für ihre Scheidung aussuchen können. Allerdings muss es einen Nahbezug geben: Darunter fallen etwa Staatsangehörigkeit oder der letzte gemeinsame Wohnsitz.

Schweden beharrt auf eigenes Recht

Können sich die beiden nicht einigen, hätte das Gesetz abgestufte Regeln für das geltende Recht vorgesehen: Das meiste Gewicht hätte das Gesetz des Landes des gemeinsamen Wohnsitzes, dann folgte der letzte gemeinsame Wohnsitz, wenn dort immer noch ein Ehepartner wohnt, dann die gemeinsame Staatangehörigkeit oder schließlich das Recht des Gerichtsstands.

Vereinbart wurde bereits, dass maltesische Gerichte keine Scheidungen abwickeln müssten, weil die Ehe in Malta per Gesetz nicht auflösbar ist. Auch müssten nur jene Länder Ehen von Homosexuellen scheiden, wo das Gesetz solche vorsieht. Doch Schweden schließt aus, jemals nach einem anderen als dem eigenen liberalen Recht Ehen zu trennen. Das Recht auf eine unkomplizierte Scheidung spätestens nach sechs Monaten Ehe sei in Schweden ein "Grundrecht", hieß es.

Nach dem nunmehrigen Scheitern wird jetzt nach neuen Wegen gesucht: So könnte eine Gruppe von Mitgliedsstaaten im Sinne einer "verstärkten Zusammenarbeit" einheitliche Regeln vereinbaren. Denn verhindert werden soll am Ende das heute übliche "Form-Shopping": Der Ehepartner, der als erster die Scheidung einreicht, kann de facto die ihm genehme Rechtsform wählen.