Deutsches Gericht verpflichtet einen Mann zu Nebenjob. | Auch in Österreich gilt Faulheit nicht als Ausrede. | Wien.Vollzeit arbeiten reicht nicht aus. Wer für ein minderjähriges Kind Unterhalt zu zahlen hat, muss sich notfalls auch einen Nebenjob suchen, um die Zahlungen sicherzustellen. Das hat das Saarländische Oberlandesgericht (OLG) in Deutschland entschieden.
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Das OLG bewilligte einem minderjährigen Kind Prozesskostenhilfe, damit dieses seinen Unterhaltsanspruch gegen seinen Vater durchsetzen kann.
Dieser hatte sich geweigert, monatlich 288 Euro zu zahlen, da er sich das aufgrund seines Einkommens nicht leisten könne. Das Gericht ließ diesen Einwand nicht gelten. Reichen die tatsächlichen Einkünfte nicht aus, so müsste der Unterhaltspflichtige seine Arbeitsfähigkeit "in bestmöglicher Weise" einsetzen, heißt es in dem Beschluss, der der "Wiener Zeitung" vorliegt.
Einbußen in der Freizeit
Gegenüber minderjährigen Kindern wird diese Verpflichtung noch verschärft. "Deshalb muss sich der Unterhaltspflichtige, auch wenn er vollschichtig arbeitet, eine weitere Beschäftigung suchen, um zusätzliche Mittel für den Kindesunterhalt zu erwirtschaften." Der Unterhaltsschuldner müsse dabei einschneidende Veränderungen in seiner Lebensgestaltung in Kauf nehmen.
Auch hierzulande bemisst sich der Unterhalt nicht nach dem tatsächlichen Einkommen, sondern nach dem, was der Unterhaltspflichtige unter Berücksichtigung seines Alters, seiner Gesundheit, seiner Fähigkeiten und seiner beruflichen Kenntnisse am Arbeitsmarkt verdienen könnte.
Von einem fiktiven Einkommen wird laut Ronald Rohrer vom Obersten Gerichtshof (OGH) jedoch nur dann ausgegangen, wenn dem Unterhaltspflichtigen ein gewisses Verschulden an der schlechten Einkommenssituation vorgeworfen werden kann. "Wenn jemand immer Überstunden leistet und plötzlich ohne Grund damit aufhört, liegt es nahe, dass er das macht, um die Unterhaltszahlung zu umgehen", erklärt der OGH-Sprecher gegenüber der "Wiener Zeitung". In diesem Fall wird sich der Unterhalt an dem Verdienst inklusive Überstundenentgelt bemessen.
Auch wenn jemand in Frühpension geht, obwohl er nicht müsste, wird ihn das Gericht in der Regel zu einer Unterhaltszahlung verpflichten, wie wenn er noch arbeiten würde.
Anstrengung gefordert
"Der Unterhalt ist nach Kräften zu leisten", erklärt Michael Stormann vom Justizministerium. Ob man hierzulande zur Unterhaltssicherung auch zu einem Nebenjob verdonnert werden kann, ist fraglich.
"Wenn man nicht voll ausgelastet ist und etwa nur einen Halbtagsjob hat, kann man sich vom Gericht schon sagen lassen müssen, man solle sich nach einem weiteren Job umschauen", meint Stormann.
Dass das Gericht allerdings vom Unterhaltsschuldner verlangt, sich neben einer vollen Beschäftigung noch einen Nebenjob zu suchen, hält Rohrer für "bedenklich". Auch die Berufswahl könne das Gericht nicht vorschreiben. "Einem unterhaltspflichtigen Akademiker zu sagen, er darf nicht Taxler werden, weil er da zu wenig verdient, geht nicht", sagt Rohrer.
Ein gewisses Nachsehen hätten die heimischen Gerichte auch mit bisher unselbständigen Unterhaltsschuldnern, die sich selbständig machen wollen. Hier würde man eine finanzielle Durststrecke in gewissem Ausmaß tolerieren, wenn der Wunsch nach Selbständigkeit ernst gemeint ist und auch ernsthaft verfolgt wird, erklärt Rohrer.